Wo sind die Medien als Kontrollinstanzen der Demokratie? Diese Frage stelle ich mir schon länger, insbesondere am Beispiel des äußerst komplexen und interdisziplinären Themas der Nullschwellen an Außentüren. Nullschwellen sind ein Thema das definitiv jeden einzelnen betrifft! Es geht nicht nur um Barrierefreiheit, es geht u.a. auch um eine nachhaltige Werthaltigkeit von Immobilien. Im Neubau können Nullschwellen systemsicher und mit höchster technischer und langlebiger Qualität verbaut werden. Doch sind im Neubau diese Türschwellen einmal drin, bekommt man diese nicht mehr so einfach raus. Im Neubau können Nullschwellen systemischer und technisch mit höchster Qualität umgesetzt werden. Im Bestand sieht dies meist anders aus. Ein Neubau wird so schnell zu einem überholten Altbau, der an Wert verliert.
Immobilieninvestoren, Projektentwickler, Bauträger, Städte- und Kommunen, Wohnungsunternehmen, Architekten, Handwerker, Betreiber und jeder einzelne investierende Bauherr verdienen es, umfassend über den Schaden, der durch den Einbau von althergebrachten Türschwellen entsteht, informiert zu werden. Schwellenlose Räume und stolperfreie Immobilien sind für alle Menschen sturzpräventiver, ergonomischer und besser. Allein die Vorteile aus gestalterischer Sicht sprechen für sich.
Nullschwellen in Pflegeimmobilien – ein Muss
Doch im Neubau von Pflegeimmobilien Türschwellen zu verbauen ist schlichtweg inakzeptabel. Spätestens ab hier muss jeder Nutzer von betreuten Seniorenwohnungen oder Pflegeheimen über die schon seit über 2 Jahrzehnten technisch möglichen Nullschwellen an Außentüren informiert werden. Das verlangt allein die geforderte Sturzprävention in der Pflege. Jede überflüssig verbaute Türschwelle stellt eine Sturzgefahr und damit eine Gesundheitsgefährdung und eine Lebensgefahr dar. Es ist insbesondere in der Altenpflege und bei pflegenden Angehörigen längst bekannt, was alles passieren kann, wenn ein älterer Mensch stürzt. Doch die meisten Bauergebnisse der letzten 20 Jahre ignorieren dieses Wissen! Insbesondere bei den sog. Fenstertüren, also den Balkon- und Terrassentüren weißen fast alle Immobilien immer noch diese längst nicht mehr notwendigen Türschwellen und Türanschlagdichtungen auf. So ein Thema passt hervorragend, um breit und öffentlich in den großen Medien diskutiert zu werden, damit Wissen über Sturzprävention, Ergonomie und Designqualität im Boden und an Übergängen nach draußen verbreitet wird. Doch zahlreiche Medien, die Immobilieninvestoren, Bauherren und Nutzer erreichen könnten, nutzen ihre Chancen noch nicht.
Tageszeitungen als Kontrollinstanz?
Die Ludwigsburger Kreiszeitung hat ein Interview mit mir veröffentlicht, in welchem ich auf die technisch schon seit über 20 Jahren überholten Türschwellen in einem neuen Pflegeheim, das 2017 eröffnet wurde, hinweise. Die untere Baurechtsbehörde räumte bereits im Vorfeld des Interviews ein, dass Schwellenfreiheit im betreffenden Pflegeheim-Neubau und in den dazugehörigen betreuten Seniorenwohnungen gefordert war. Der Nullschwellen-Runderlass fordert seit 2015 in Baden-Württemberg Nullschwellen und den Rückbau von technisch unbegründbaren Türschwellen. Doch erstaunlicherweise befinden sich die unzulässigen Türschwellen bis heute in diesem Pflegeheim-Neubau. Weshalb setzt die betreffende untere und die obere Baurechtsbehörde in BW den landeseigenen Nullschwellen-Runderlass nicht um?
Die Ludwigsburger Zeitung hat im Anschluss an das Interview mit mir ein Statement von dem zuständigen Heimträger und dem zuständigen Bauträger veröffentlicht, das zahlreiche Behauptungen ohne jegliche Beweise und Belege enthält. Auf diese Behauptungen habe ich mit Fakten und technischen Tatsachen in einer fundierten interdisziplinären Gegendarstellung reagiert – doch weder die Ludwigsburger Kreiszeitung, noch das Wirtschaftsministerium haben darauf geantwortet.
Weshalb reicht einer Tageszeitung lediglich die Aufstellung von derartigen Behauptungen ohne jegliche Beweise und ohne Beleg? Achtung, Achtung: Laut landeseigenem Nullschwellen-Runderlass war schon zu Zeiten der DIN 18024 und 18025 Nullschwellen gefordert. Das schreibt die baden-württembergische oberste Baurechtsbehörde am 16.12.14 zur Einführung der DIN 18040: „Die weit verbreitete Annahme, 2 cm hohe Schwellen wären zulässig, traf schon bisher nicht zu.“ Dies bedeutet, dass 1 – 2 cm hohe Türschwellen laut dem damals zuständigen Verkehrsministerium BW schon zu Zeiten der alten DIN 18024 und DIN 18025 nicht zulässig und bereits in diesen ganzen Jahren davor Nullschwellen gefordert waren. Weshalb lässt die Ludwigsburger Kreiszeitung trotz Nullschwellen-Runderlass so eine Behauptung, die allein damit widerlegt ist, einfach bis heute so stehen: „Das Kleeblatt-Pflegeheim in Erligheim sei zum 27. Januar 2014 geplant worden. Zu diesem Zeitpunkt habe DIN 18025, Teil 2, der Landesbauordnung gegolten. Die DIN 18040, auf welche sich Ulrike Jocham berufe, sei dagegen erst zum 1. Januar 2015 eingeführt worden und deswegen noch nicht bindend gewesen.“ Der Nullschwellen-Runderlass fordert Nullschwellen nach der DIN 18040 und nach der DIN 18024 und 18025. Schon seit über 2 Jahrzehnten sind Nullschwellen technisch machbar an Haustüren und an Terrassen- und Balkontüren. (siehe u.a. Best-Practice-Beispiele)
Wo sind die Medien als Kontrollinstanzen der Demokratie?
Bis heute steht eine fachlich fundierte Antwort der verantwortlichen Wirtschaftsministerin Dr. Hoffmeister-Kraut auf meine interdisziplinäre Gegendarstellung vom 30.08.17 zur Veröffentlichung der Ludwigsburger Kreiszeitung „Kleeblatt-Gesellschaft weist Kritik zurück“ vom 24.08.17 aus! Das sind nun schon bald 3 Jahre!
Bereits 2017 wurde Hoffmeister-Kraut und das Wirtschaftsministerium BW von mir informiert, dass der Nullschwellen-Runderlass nicht ausreichend bekannt und nicht ausreichend bzw. nahezu gar nicht umgesetzt wird. Damals hieß es laut Pressestelle vom WM BW lediglich, dass meine Behauptung nicht belegt sei. Und dann liegen im Sommer 2017 tatsächliche Belege wie z.B. dieser und eine ausführliche technische Begründung gegen Türschwellen und für Nullschwellen vor. Doch was macht das WM BW bis heute? Am 04.10.17 habe ich von der Ministerialdirigentin Kristin Keßler eine Antwort erhalten, in der wieder nur befremdliche Behauptungen ohne Belege und ohne Beweise zu finden sind. Die Türschwellen im Pflegeheim in Erligheim ignoriert sie in diesem Schreiben schlichtweg.
Wo sind die Medien als Kontrollinstanzen der Demokratie? Und die Leser der Ludwigsburger Kreiszeitung – sie verdienen über Fakten, die über reine Behauptungen hinausgehen, informiert zu werden, oder?
Auch die Badische Zeitung lässt eine Information ihrer Leser über die Fakten im Sachgebiet der Nullschwellen an Außentüren vermissen. In diesem Fall geht es ganz konkret um eine betreute Seniorenwohnanlage, die trotz sturzgefährlicher bauseitiger Stolperfallen für Senioren mit rund 4,4 Mio. zinslosem Darlehen aus dem Landeswohnraumförderungsprogramm vom Wirtschaftsministerium BW gefördert wurde.
Aus welchem Grund wurden wichtige Fragen nicht gesellt und fragwürdige Behauptungen nicht geprüft?
Der zuständige Architekt wird von der Badischen Zeitung folgendermaßen zitiert, obwohl in der betreffenden Wohnanlage 1 – 2 cm hohe Türschwellen als Sturzgefahren fest eingebaut wurden: „Bei der Gestaltung des Neubaus habe man alle Kriterien für seniorengerechtes Bauen integriert, sagt Heinz Geyer vom Architekturbüro Franz & Geyer, das sich für die komplette Sanierung der AWO-Anlage verantwortlich zeichnet. Dazu gehören Barrierefreiheit, aber auch geschützte Loggien oder Brüstungsfenster.“
Wo sind die Medien als Kontrollinstanzen der Demokratie?
Kritische Fragen hinsichtlich der geforderten Barrierefreiheit nach § 39 Abs. 1 der Landesbauordnung Baden-Württemberg sowie der fehlenden Umsetzung des Nullschwellen-Runderlasses werden laut den betreffenden Veröffentlichungen von der Badischen Zeitung nicht gestellt, weshalb? Allein ein Blick in den zu dieser Zeit gültigen Kommentar vom Boorberg-Verlag zur Landesbauordnung BW und zum § 39 Abs. 1 könnte für einen kritischen Redakteur aufschlussreiche Informationen bieten.
Interdisziplinäres Change-Management ist gefragt!
Die gesamte Gesellschaft verändert sich mitten in der demografischen und ökologischen Krise seit Jahren spürbar. Diese Veränderung fordert schon längst eine neue Bauweise, die für alle besser ist. Doch die meisten Bauergebnisse zeigen, dass der längst bekannte Bedarf beim Bau von Immobilien ignoriert wird. Kritische Medienberichterstattungen könnten die notwendige Verbesserung durch Aufklärung der Bürger beschleunigen.