Nur bestimmte Schwellen werden noch wirklich gebraucht!

Die badische Zeitung: Zwei Zentimeter sind zu hoch für eine Türschwelle

Die Badische Zeitung veröffentlicht am 30.10.2017 in ihrer Druckfassung den Artikel „Zwei Zentimeter sind zu hoch für eine Türschwelle – Barrierefreiheit in Neubauten soll Behinderten und Senioren helfen, stößt aber auf ökonomische und technische Probleme“  von Redakteur Wulf Rüskamp. Dieser Redakteur wurde am  23.10.2017 von mir in einer Mail und im Vorfeld geführten Telefonaten über die dringend zu prüfende betreute Seniorenwohnanlage in Freiburg-Weingarten informiert. Diese weist gefährliche und gebrauchsuntaugliche 1 – 2 cm hohen Türschwellen auf. Außerdem wurden für diese nicht barrierefreien Seniorenwohnungen Steuergeldern mit rund 4,4 Mio. zinslosem Darlehen (Betraghöhe von Badischer Zeitung publiziert!) verschendet. Die Barrieren müssen die nächsten Jahrzehnte auf Kosten von Pflegeversicherung, Steuerzahler und Nutzer zurückgebaut werden.

 

Eine technisch überholte 2 cm hohe Türschwelle mit Blick von innen. © Ulrike Jocham, die Frau Nullschwelle

Derartige Türschwellen verursachen einen großen Schaden und einen Mehrbedarf an Pflege mitten in der demografischen Krise. Sie können nur aufwendig und teuer und nicht ressourceneffizient zurückgebaut werden.

Doch Wulf Rüskamp berücksichtigt zahlreiche Informationen und die Vermittlung von erfahrenen Altenhilfeträgern, die schon seit vielen Jahren Erfahrungen mit Nullschwellen an Außentüren vorweisen können, nicht. Trotz der erhaltenen Informationen schreibt er in der Überschrift (Druckausgabe): „Barrierefreiheit in Neubauten soll Behinderten und Senioren helfen, stößt aber auf ökonomische und technische Probleme“ – weshalb? Meine umfassenden Informationen mit Belegen an Wulf Rüskamp können Sie hier nachlesen. Auch die ökonomische Behauptung von den zuständigen Architekten Heinz Geyer versäumt der Redakteur zu überprüfen. Bei den aufgeführten Mehrkosten des Architekten fehlen wie so häufig Belege. Wenn überhaupt Mehrkosten entstehen, dann nur sehr gering. Zusätzlich bietet die Technik der Magnet-Nullschwelle höchstspannende Einsparpotentiale die sogar zu Einsparungen führen können, denn zusätzliche Rinnen und ganze Vordächer kann diese Technik bei einem fachgerechten Einbau überflüssig machen. Der Redakteur der badischen Zeitung hat dadurch versäumt, die Thematik von Nullschwellen an Außentüren ganzheitlich zu recherchieren und die weitreichende Aussage des Architekten Geyer vor Veröffentlichung zu überprüfen.

Erstaunlicherweise hat die Oneline-Ausgabe dieses Artikels von Wulf Rüskamp, die am 29.10.2017 erschienen ist, einen anderen Titel erhalten:  „Müssen Neubauten Türen mit Schwellen haben oder nicht?“

Auch versäumt Rüskamp die Aussage von AWO-Geschäftsführer Jack Huttmann zu überprüfen. Möchte auch ein Redakteur wissen, wie ein § 39 Abs. 1 der Landesbauordnung zu verstehen ist, muss auch dieser bei notwendigen Recherchen einen Blick in Kommentare werfen. Im vorliegend Fall hätte der Kommentar vom Boorberg Verlag (7. Auflage) herangezogen werden müssen. Dieser wurde sogar von Bernd Gammerl, Regierungsbaumeister der obersten Baurechtsbehörde Baden-Württemberg, mitverfasst. Es scheint als sei der Inhalt dieses Kommentars zum § 39 Abs. 1 Wulf Rüskamp nicht bekannt. Der Inhalt diese Kommentars ist mehr als deutlich: Alle Gebäude, die überwiegend von älteren Menschen und Menschen mit Behinderung genutzt werden, müssen umfassend barrierefrei gebaut werden  – Ausnahmen sind unzulässig. Betreute Seniorenwohnanlagen sind nirgends ausgenommen. Auf den § 39 Abs. 1 LBO fußen weiterhin die einschlägigen technischen Baubestimmungen, die ebenfalls für Wohnungen, die überwiegend von älteren Menschen genutzt werden, umfassende Barrierefreiheit. Weshalb hat Rüskamp auch diese im Artikel nicht  aufgeführt?

Weshalb zitiert eine Badische Zeitung einen AWO-Geschäftsführer und einen zuständigen Architekten lediglich, ohne die Aussagen im Gesetz und in Kommentaren zu überprüfen? Bei meinen Telefonaten mit Wulf Rüskamp hatte ich allerdings den Eindruck, dass meine Aussagen mehr als detailliert überprüft wurden. Wo bleiben die Richtigstellungen der Behauptungen von AWO und Architekt Geyer?

Diese wären notwendig, vor allem wenn Wulf Rüskamp das Wirtschaftsministerium in seinem Artikel folgendermaßen zitiert: „Doch in dem Punkt lässt das zuständige Wirtschaftsministerium keine ökonomisch begründete Ausnahme gelten. In Hinweisen zur LBO hat es bereits 2014 klargestellt, dass „untere Türanschläge und -schwellen grundsätzlich zu vermeiden“ seien, wenn es sich um einen barrie- refreien Neubau handeln soll.“ Allein laut Kommentar vom Boorberg Verlag zur LBO BW (7. Auflage) sind Nullschwellen auch zu den Balkonen in diesen betreuten Seniorenwohnungen gefordert. Diese Hauptaussage fehlt ebenfalls in Rüskamps Artikel.

Und wenn selbst das Wirtschaftsministerium Nullschwellen fordert, dann passt der Titel in der Druckausgabe von Wulfs Rüskamps Artikel, der vermittelt Nullschwellen würden technische Probleme verursachen, zusätzlich nicht.

Auch Jochem Stoiber von der Architektenkammer BW wird in Rüskamps Artikel so zitiert, dass Nullschwellen technisch gelöst sind: „In der Tat gibt es bis heute nur ein einziges Türsystem, das ohne Schwelle auskommt und dennoch Wind und Regen nicht durchlässt. Der Hersteller hat es sich patentieren lassen, nach Einschätzung Stoibers hinkt die Konkurrenz mit alternativen Angeboten hinterher. Aber zur Begründung einer Ausnahme von der Barrierefreiheit reicht das nicht.“ Doch wo bleibt die naheliegende Frage von Wulf Rüskamp, weshalb die Konkurrenz hinterher hinkt?!

Auch der wirtschaftliche Schaden, der durch die verbauten Türschwellen erzeugt wird, ist im ganzen Artikel nicht thematisiert. Von wem soll die Pflegeversicherung das Geld für notwendige Rückbauten einholen? Wer bezahlt den Mehrbedarf an Pflege zum Überwinden der Türschwellen? Weshalb sollen ältere Menschen und Menschen mit Behinderung für ihre Balkonen bezahlen, auch wenn diese ihre Freisitze nicht nutzen können? Besonders erstaunlich ist die Tatsache, dass Wulf Rüskamp die Förderung des Wirtschaftsministeriums mit rund 4,4 Mio. Euro zinslosem Darlehen im ganzen Artikel nicht erwähnt.

Wichtig: Es gibt weder ökonomische noch technische Probleme bei Nullschwellen. Die am längsten bewährte Nullschwelle kann zusätzliche Rinnen und ganze Vordächer einsparen. Laut dem Türen- und Fensterexperten Peter Stiborsky, der bereits 1999 diese Nullschwelle ohne zusätzliche Rinne bereits 1999 eingebaut hat, lautet das Einsparpotential allein durch Vordächer rund 2.00o Euro. Und technisch gibt es seit über 2 Jahrzehnten keine Gründe mehr, die hinderliche und lebensgefährliche Türschwellen an Hauseingängen und an Terrassen- und Balkontüren rechtfertigen. An dieser Stelle verweise ich auf meine jahrelangen interdisziplinären und inklusiven Detailforschungen zu Nullschwellen an Außentüren (siehe zahlreiche Publikationen, z.B.  Best-Practice-Beispiele)

Das Einsparpotential behandelt der Redakteur der Badischen Zeitung nicht. Er beendet statt dessen den Artikel mit einer Behauptung, für die schon wieder ein Beweis fehlt: „Sie können sich auf die UN berufen, die mit ihrer Konvention die gesellschaftliche Inklusion aller Behinderten fordert – koste es, was es wolle.“ Wenn die Forderungen der UN-Behindertenrechtskonvention sogar Einsparungen mit gleichzeitiger Verbesserung für alle ermöglicht, dann muss dies auch so dargestellt werden. Vereinfachte Behauptungen mit fehlenden ganzheitlichen Betrachtungen müssen endlich öffentlich diskutiert werden!

 

Trotz meiner ausführlichen Infoweiterleitungen per Telefon und Mail wurde ich weder von Wulf Rüskamp, noch von der Badischen Zeitung über die Veröffentlichung vom 29. und 30.10.17 informiert. Erst ein Kunde, der mich Mitte 2018 über ein Sachverständigengutachten zum Thema Nullschwellen an Außentüren beauftragte, hat mir von dem bereits im Oktober 2017 veröffentlichten Artikel berichtet. Nicht grundlos erlebe ich das Thema Nullschwellen an Außentüren als Wespennest und Haifischbecken gleichzeitig. Doch wo bleiben unsere gesellschaftlich verorteten Kontrollinstanzen bei diesem herausfordernden Thema? Der wirtschaftliche Schaden für die Allgemeinheit wird beständig größer!

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