Nullschwellen an Außentüren sind normativer Regelfall nach der Norm für Bauwerksabdichtung (DIN 18531-1 und 18531-5) und nach der Norm für Barrierefreiheit (DIN 18040-1 und 18040-1).
Doch erstaunlicherweise ist in der vertraglichen Abwicklung von Bauwerken erfahrungsgemäß immer noch folgende Praxis anzutreffen: Werden Nullschwellen z.B. an Terrassen- und Balkontüren vom Bauherren gefordert, verlangen die Bauverantwortlichen eine Haftungsentbindung für den Einbau dieser, da Nullschwellen nach der Norm für Bauwerksabdichtung einen Sonderfall darstellen sollen. Doch dies stimmt laut dem Deutschen Institut für Normung e.V. (DIN) aus Berlin nicht mehr. Am 22.06.2018 habe ich im Rahmen meiner Recherchen für den aktuellen Artikel in der Fachzeitschrift FREIRÄUME an das DIN e.V. folgende Anfrage gestellt: Aus welchen Gründen sind in den neuen DIN-Normen 18531-1 und DIN 18531-5 barrierefreie und niveaugleiche Übergänge in Zeiten von demografischem Wandel und einer seit 2009 in Kraft gesetzten UN-Behindertenrechtskonvention eine Sonderkonstruktion geblieben? Die Antwort am 06.07.18 beinhaltete die deutliche Aussage, dass niveaugleiche Übergänge an Außentüren keine Sonderfälle darstellen würden: Die Norm schließe niveaugleiche Schwellen nicht aus, „im Gegenteil, durch ihre Benennung sind sie als Regelfall aufzufassen, der aber nicht abschließend normativ regelbar ist.“ Die Normenreihe DIN 18531 ordne den Begriff „Sonderlösung oder -konstruktion“ nicht besonders gefährdeten Techniken zu, vielmehr verstehe er sich als Synonym für solche, die nicht in der Norm abschließend geregelt seien, so das DIN e.V. “ Sie sind daher nicht von vorneherein von einer Zuordnung zu den anerkannten Regeln der Technik ausgeschlossen und/oder als „riskante“ Konstruktionen einzustufen.“ Da niveaugleiche Übergänge mit unterschiedlichen Maßnahmen zuverlässig hergestellt werden könnten, solle in der Norm für Abdichtung von Dächern, Balkonen, Loggien und Laubengänge nicht eine von diesen herausgestellt und damit andere benachteiligt werden, erklärt das DIN e.V. weiter und ergänzt: „Die vorgenommene Formulierung in der Norm soll jedoch die Baubeteiligten sensibilisieren, besondere Sorgfalt bei Planung und Ausführung walten zu lassen.“ Demnach sind nach der Norm für Bauwerksabdichtung niveaugleiche, also schwellenfreie Übergänge von innen nach außen der Regelfall und keine abdichtungstechnischen Sonderkonstruktionen. Eine Entbindung von der Haftung aufgrund von Nullschwellen ist daher nicht mehr notwendig, da laut DIN e.V. kein Sonderfall und auch keine Sonderlösung oder Sonderkonstruktion vorliegen.
Nullschwellen als Regelfall innerhalb der Norm für Bauwerksabdichtung
Diese bedeutende Nullschwellen-Regelfall-Stellungnahme vom DIN e.V. innerhalb der Norm für Bauwerksabdichtung hat die Fachzeitschrift FREIRÄUME im Sommer 2018 in meinem Artikel „Nullschwellen seit über 20 Jahren möglich – überholte Türschwellen-Technik verschärft Pflegenotstand und verhindert Inklusion“ veröffentlicht.
Nullschwellen als Regelfall innerhalb der Norm für Barrierefreiheit
Nach der DIN 18040-1 und DIN 18040-2 ist schon seit der Nullschwellen-Stellungnahme aus dem Jahr 2013 klar, dass Nullschwellen an Außentüren den Regelfall darstellen. Diese Nullschwellen-Stellungnahme ist ebenfalls aufgrund einer Anfrage von mir beim DIN e.V. entstanden und wurde von der Fachzeitschrift BEHINDERTE MENSCHEN in meinem Artikel „Barrierefrei nicht immer barrierefrei“ (Ausgabe 4-5/2013) öffentlich gemacht. Der Nullschwellen-Runderlass der obersten Baurechtsbehörde aus Baden-Württemberg aus dem Jahr 2014 untermauert die Nullschwellen-Stellungnahme vom DIN e.V. zusätzlich. Auch in diesem wird deutlich, dass die DIN 18040-1 und DIN 18040-2 Nullschwellen an Außentüren als Regelfall vorschreibt und sogar schon zu Zeiten der DIN 18024 und 18025 bis zu 2 cm hohe Türschwellen unzulässig waren.
Laut dem DIN e.V. stellen demnach Nullschwellen an Außentüren den Regelfall nach der DIN 18531-1 und DIN 18531-5 sowie nach der DIN 18040-1 und DIN 18040-2 dar. Türschwellen mit einer Höhe von bis zu 2 cm hingegen stellen einen absoluten Sonderfall nach der DIN 18040 dar (siehe Nullschwellen-Stellungnahme). Da die meisten Bauverantwortlichen erfahrungsgemäß sich bisher bei Sonderfällen vom Bauherren von der Haftung befreien ließen, müssen sie dies nun folglich für alle Türschwellen und Türanschlagdichtungen innerhalb des barrierefreien Bauens einholen.