Schwellenfreie Außentüren sind allerspätestens seit 5 Jahren bundesweit durch die Nullschwellen-Stellungnahme vom Arbeitsausschuss der DIN 18040 verlangt. Die Landesregierung Baden-Württemberg fordert zusätzlich durch den Nullschwellen-Runderlass ebenfalls Nullschwellen. Doch wo bleiben diese?! Für 2 Einbaubeispiele fehlen bis heute bis heute die technischen Gründe, die 1 – 2 cm hohen Stopergefahren in Pflegeimmobilien rechtfertigen sollen. (siehe Scheiben an Winfried Kretschmann von Ulrike Jocham vom 03.12.18) Dabei gäbe es zahlreiche weitere Türschwellen-Einbauten, deren Gründe technisch gerechtfertigt werden müssten. Wird dies nicht geprüft, weil klar ist, dass es keine technischen Gründe mehr gibt?!
Dabei hätte Baden-Württemberg mit dem bundesweit beispielhaften Nullschwellen-Runderlass zum Vorreiter unter den Landesregierungen werden können. Die Ausgangslage vor 4 Jahren war jedenfalls ideal: 2015_BWfordertNullschwellen
Die Fachzeitschrift BEHINDERTE MENSCHEN hat Ulrike Jocham, die Frau Nullschwelle in der Ausgabe 3/2015 zu ihrem Erfolg mit dem erreichten Nullschwellen-Runderlasses befragt.
Schwellenfreiheit für alle Neubauwohnungen?! Was Baugesetze in Deutschland dazu beitragen können
BEHINDERTE MENSCHEN: Sie setzen sich schon seit Jahren für schwellenfreie Lösungen für Menschen mit Behinderung und ältere Menschen ein, warum ist der Kampf um barrierefreie Lösungen so mühsam?
Ulrike Jocham: Der Begriff „barrierefrei“ wird von vielen Menschen erfahrungsgemäß so verstanden, als bräuchten dies nur wenige Menschen. Ich dagegen sehe in einer schwellenfreien, universell designten, demografiegerechten und inklusiven Architektur, die den Anforderungen der UN-Behindertenrechtskonvention entspricht, unglaubliche Qualitätssteigerung für alle Menschen! Immobilienkäufer erhalten erfahrungsgemäß häufig nicht das, was sie sich vorstellen: Nämlich schwellenfreie und ausreichend breite Türen, Räume und Bäder mit flexiblen Duschabtrennungen und Bewegungsflächen von min. 120/120 cm. Solche Räume sind für alle Menschen einfacher und bequemer zu benutzen, ganz zu schweigen von den ästhetisch fließenden und großzügigen Übergängen! Alle Neubauwohnungen können ganz leicht ohne großen Mehraufwand schon seit über 15 Jahren so gestaltet werden. Der Gesetzgeber müsste längst für alle Wohnungen diesen Mindeststandard vorschreiben. (UN-BRK z.B. Artikel 2 und 4). Doch über die Baugesetzgebung und die daraus folgende Baupraxis kann man nur staunen. Das Bewusstsein darüber, dass 1 bis 2 cm hohe Schwellen für immer mehr Menschen unüberwindbar und/oder extrem gefährlich sind, ist kaum vorhanden. Es mangelt an interdisziplinärem Arbeiten, denn der Austausch mit dem bedeutenden Wissen von Menschen mit Behinderung sowie von deren Assistentinnen und Assistenten fehlt nahezu komplett. In der Sozial- und Pflegebranche werden bauliche Regularien weder in der Aus- noch in der Weiterbildung geschult, es herrscht ein großer Mangel an grundlegendem Wissen.
BEHINDERTE MENSCHEN: In Baden-Württemberg ist Ihnen durch beharrliche Lobby- und Aufklärungsarbeit ein Schritt in Richtung Änderung gelungen. Sind Sie damit zufrieden?
Ulrike Jocham: Es gibt noch viel zu tun. Baden-Württemberg hat Klarheit beim sog. barrierefreien Bauen nach § 39 Landesbauordnung (LBO) geschaffen, nicht bei den sog. „barrierefreien“ Wohnungen nach § 35. Balkone und Terrassen sind hier von einer barriere- und schwellenfreien Erschließung und Nutzung komplett ausgenommen, Schwellen zwischen 1 und 15 cm Höhe sind erlaubt. Weiterhin wird nicht überprüft, ob die Norm für barrierefreies Bauen, die DIN 18040, überhaupt die Anforderungen der UN-BRK erfüllt.
BEHINDERTE MENSCHEN: Wie ist die Situation in den anderen Bundesländern in Deutschland?
Ulrike Jocham: Es mangelt an einer konsequenten Forderung nach Nullschwellen bei Türen und Duschen, bis zu 2 cm hohe Türschwellen werden als „barrierefrei“ akzeptiert. Bei Terrassen und Balkonen in den sog. „barrierefreien“ Wohnungen nach den jeweiligen Landesbauordnungen herrscht bundesweit Unklarheit und Schwellenbau, selbst in der Musterbauordnung. Auch bei Sanierungen entstehen unnötige Tür- und Duschschwellen sogar mit staatlichen Zuschüssen ohne Kontrollen.
BEHINDERTE MENSCHEN: Was sind Ihre nächsten Schritte?
Ulrike Jocham: Die UN-BRK ist ein Geschenk für alle Menschen, die ganze Gesellschaft und alle beteiligten Professionen. Für die Umsetzung der UN-BRK werde ich weiterhin kontinuierlich tragfähige Brücken bauen. Alle Aktivitäten können unter www.inkluisv- wohnen.de verfolgt werden. Unterstützer sind herzlich eingeladen!