Türschwellen – Brauchen Menschen mit Sehbehinderung und Vollerblindung diese Gefahren an Außentüren tatsächlich zur räumlichen Orientierung? Das wird immer wieder behauptet. Doch dafür fehlen Belege. Bereits mehrere Aussagen von Experten in eigener Sache und Experten aus dem Bereich des Planens und Bauens für Menschen mit Sehbehinderung und Vollerblindung sagen das Gegenteil.
Auch eine Geschichte von zwei Menschen mit Vollerblindung, die aufgrund einer Türschwelle zur Terrasse beim Transport ihrer Speisen den Geschirrwagen anheben mussten, zeigt, dass Türschwellen auch für diese Nutzerzielgruppe nicht notwendig sind. Nicht nur das – die Geschichte untermauert sogar, dass Nullschwellen an Außentüren auch für Menschen mit Sehbehinderung oder Vollerblindung wesentlich besser sind! Werden Speisen mit dem Geschirrwagen auf den Freisitz transportiert, können diese mitsamt dem Geschirr herunterfallen und eine beachtliche Verschmutzung und gefährliche Scherben verursachen. Für Menschen mit Vollerblindung stellen scharfe Geschirr-Bruchstücke beim Aufwischen eine immense Gefahr dar. Nullschwellen hingegen erleichtern den Transport von Speisen mit dem Geschirrwagen für alle enorm! Kein Anheben, keine Gefahr, keine herunterrutschenden Speisen – einfach nur darüber fahren. Das ist Ergonomie.
Doch leider gibt es aus dem bautechnischen Bereich andere Behauptungen ohne Beleg. Obwohl Türschwellen technisch seit über 20 Jahren gelöst sind, werden bis heute fast überall Türschwellen als gefährliche Sturzrisiken und Barrieren verbaut. Das ift Rosenheim fordert nun sogar ein Zurück zu Türschwellen, diesmal halt überrollbar. Doch auch das ift konnte bis jetzt keine technischen Gründe nennen, die Türanschlagschwellen zwischen 1 – 2 cm Höhe im Jahre 10 der UN-BRK noch rechtfertigen. Und das, obwohl die Nullschwellen-Stellungnahme und der Nullschwellen-Runderlass klar und deutlich Nullschwellen innerhalb des sog. barrierefreien Bauens vorschreiben. Jeder absolute Ausnahmefall von bis zu 2 cm hohen Türanschlagschwellen muss sogar von einem Sachverständigen technisch begründet werden können. Doch genau diese technischen Gründe fehlen für Türschwellen-Einbauten innerhalb des barrierefreien Bauens in Neubeuten und für rückständige Forderungen nach „überrollbaren“ Türschwellen.
Nur Nullschwellen entsprechen dem Universal Design
Die UN-BRK fordert ein Universal Design, das jeder nutzen kann, sowie eine umfassende Teilhabe für alle Menschen mit Behinderung. Doch das ift Rosenheim fordert eine Unterscheidung von verschiedenen Zielgruppen. In einer ift-Richtlinie BA-01/1 „Ermittlung und Klassifizierung der Überrollbarkeit von Türschwellen“ vom Oktober 2018 ist z.B. folgendes zu lesen: Im Kontext der Barrierefreiheit soll eine schwellenlose Ausführung besonders Nutzern von Rollatoren und Rollstühlen zu gute kommen. „Für blinde Menschen hingegen, kann eine Schwelle der Orientierung dienen, wenn eine gut ertastbare Mindesthöhe gegeben ist.“ Leider fehlen für diese weitreichenden Behauptungen im Kontext von Außentüren jegliche Begründungen und Belege. Bei Außentüren gibt es Türrahmen und weitere taktile Gestaltungsmöglichkeiten für Menschen mit Sehbehinderung und Vollerblindung wie z.B. verschieden weiche Bodenbeläge oder Bodenleitstrukturen, die am Übergang zwischen innen und außen Orientierung bieten können. Zusätzlich besteht an dieser Stelle keine Lebensgefahr, da u.a. auf Terrassen und Balkonen keine Autos fahren, wie z.B. auf Straßen. Weshalb sollen dann an Außentüren Türschwellen zur Orientierung für Menschen mit Sehbehinderung und Vollerblindung notwendig sein??????