Nur bestimmte Schwellen werden noch wirklich gebraucht!

Sturzpräventive Außentüren in der Altenhilfe

Cover vom Seniorenheimmagazin 02/2020 mit einem Artikel von Ulrike Jocham, der Frau Nullschwelle 2 cm hohe Türschwellen als gefährliche Stolperfallen im Bestand können abgebaut werden!Sturzpräventive Außentüren in der Altenhilfe – 2 cm hohe Türschwellen als gefährliche Stolperfallen im Bestand können abgebaut werden!

Dieser Artikel von Ulrike Jocham ist im Seniorenheimmagazin Ausgabe 02/2018 erschienen.

Jede Türschwelle stellt genauso wie jede Teppichkante oder jedes Kabel am Boden eine immense Sturzgefahr dar, die es besonders für ältere Menschen zu vermeiden gilt. Können Service- und Pflegedienstleister für Senioren schwellenfreie Außentüren vorweisen, haben sie einen klaren Wettbewerbsvorteil, denn die noch vorhandene Türschwellen-Anzahl in Pflegeimmobilien ist leider bis heute noch der übliche aber sturzgefährdende Status quo. Drei innovative Vorreiter zeigen, dass 2 cm hohe Außentürschwellen nicht mehr sein müssen.

Pflegezentrum Bürgerheim Nördlingen

Das Pflegeheim des Donau-Ries Kliniken und Seniorenheime gKU befindet sich im Herzen der Nördlinger Altstadt in Bayern. 81 Pflegeplätze bietet das Pflegeheim in insgesamt 2 nebeneinanderliegenden Häusern und 14 Wohnungen in der Senioren-Integrieten-Wohngemeinschaft. In einem Gebäude aus dem Jahr 1978 befinden sich im Erdgeschoss 4 Einzelzimmer mit jeweils einer Terrasse. Die Terrassentüren, die auf diese Freisitze führen, mussten aufgrund von Alter und Undichtheit erneuert werden. „Hier war eine Türschwelle mit einer Höhe von ca. 2 Zentimetern“, berichtet der Hausmeister Josef Leberle. Da diese Barriere von den Heimbewohnern nur sehr schwer und gefährlich oder überhaupt nicht selbstständig überwunden werden kann, wollten die Heimleitung Elisabeth Oestringer und der Hausmeister Josef Leberle mit dem Einbau der neuen Terrassentüren den bestmöglichen Übergang von innen nach außen für die Nutzer erreichen. „Wenn es heute möglich ist, derart beachtliche Sturzgefahren für ältere Menschen zu verhindern, dann möchten wir dies für unsere Bewohner auch umsetzten “, betont Oestringer. Sogar die zuständige Heimaufsicht in Nördlingen achtet auf niveaugleiche Übergänge zwischen innen und außen.

Der Auftrag an den Fensterbauer lautete deshalb neue Terrassentüren mit einer schwellenlosen Dichtung einzubauen. Die Fenstertechnik & Schreinerei Gerhard Sauber aus Auhausen schlug daraufhin die Technik der Magnet-Doppeldichtung speziell für Renovierungsmaßnahmen vor. „Diese Lösung verhindert aufwändige bauliche Veränderungen im und unterhalb des Fußbodenbereiches, denn sie kann einfach auf den vorhandenen Estrichaufgesetzt werden“, erklärt der Betriebsinhaber Gerhard Sauber.

„Fast alle Rollstuhlfahrer sind zuvor bei den rund 2 cm hohen Türschwellen überhaupt nicht selbstständig darüber gekommen. Der Rollstuhl muss zum Überfahren angehoben werden und die meisten Heimbewohner haben dafür nicht ausreichend Kraft“, berichtet Karin Ferner, eine zuständige Mitarbeiterin aus dem Bereich Pflege, die selbst die Türschwellen zu Hause sehr störend empfindet: „An Türschwellen kann jeder ganz schnell hängenbleiben, z.B. auch jüngere Menschen mit den Hausschuhen oder Barfuß. Das ist schmerzhaft oder führt schnell auch mal zu einem Sturz mit Folgen.“ Emilie Nink lebt in einem der Einzelzimmer, in das nun ganz aktuell Ende Juni 2018 eine der neuen Terrassentüren eingebaut wurde. „Bei der 2 cm hohen Türschwelle zuvor musste ich immer meinen Rollator anheben. Dabei ist mir dann oft das Essen heruntergefallen“, berichtet die Nutzerin, die häufig auf ihrer Terrasse die Mahlzeiten einnimmt. „Ich hole dafür mit meinem Rollator z.B. das Frühstück aus dem Speisesaal und fahre dieses auf der Ablagefläche des Rollators auf meine Terrasse. Mit dem neuen Übergang kann ich nun problemlos auf die Terrasse fahren, ohne dass mir etwas vom Rollator herunterfällt. Auch meine Mitbewohner hier vom Pflegeheim, die einen Rollstuhl benötigen, gelangen nun selbstständig auf meine Terrasse“, berichtet Emilie Nink. Zuvor sei es für die Rollstuhlschieber sehr unpraktisch gewesen, denn die Vorderräder und dann auch noch die Hinterräder von Rollstühlen müssen bei 2 cm hohen Türschwellen unpraktisch angehoben werden. Diese ganzen Mühen und Ärgernisse seien nun nicht mehr vorhanden. Auch Hausmeister Leberle freut sich über die Rückmeldungen der Heimbewohner: „Allen gefällt es natürlich riesig – das sei jetzt endlich toll, bekomme ich regelmäßig zu hören!“

Ein Seniorenwohnanlage von den Sozialbetrieben Köln

Die SBK Sozial-Betriebe Köln gemeinnützige GmbH ist eine Tochtergesellschaft der Stadt Köln, die Wohn- und Pflegeangebote für ältere Menschen und vielfältige Wohn- und Arbeitsangebote für Menschen mit Behinderung sowie niedrigschwellige Service- und Beratungsangebote für beide Zielgruppen bereitstellt. In einer Seniorenwohnanlage mit Serviceangebot der SBK aus den 70er Jahren, mit über 80 Wohnungen war der Zugang zum Balkon bereits nahezu schwellenfrei, nur der Fußboden der Balkone lag ungefähr 2 cm tiefer als der Fußboden im Innenbereich. Der Höhenunterschied wurde mit einer einfachen Übergangsschiene abgedeckt und die Dichtung bestand lediglich aus einer Art Schleifdichtung. Bei der energetischen Fenstersanierung im Jahr 2017 sollten diese Abdichtungen in insgesamt 108 Balkontüren technisch verbessert, aber gleichzeitig so flach wie möglich ausgeführt werden. Auf Grund eines im Boden eingebauten Stahlprofils, an dem die Dichtebene des Balkons angearbeitet ist und somit nicht entfernbar war, konnte eine neue Dichtung nur darauf aufgesetzt werden. Auf der Suche nach einer neuen Lösung wurde in dieser Wohnanlage eine Probetüre mit einer klassischen Flachschwellen-Dichtung mit einer Höhe von 2 cm eingebaut (siehe Foto). Dabei entstand innen eine Schwellenhöhe von ungefähr 2 cm und außen von ungefähr 4 cm Höhe. „Diese Sturzgefahr wollten wir für unsere Mieter nicht verantworten, vor allem weil ja alle seither einen nahezu schwellenfreien Übergang zum Balkon gewohnt waren“, berichtet der zuständige Projektleiter von der SBK und fügt hinzu: „Doch wir haben eine ideale Lösung gefunden.“ Die Technik der Magnet-Nullschwelle bietet ein ganz spezielles Renovierungsprofil, das einfach auf das vorhandene Stahlprofil aufgesetzt werden konnte. Gleichzeitig hat die Türdichtung die Höhe des Fertigfußbodens (FFB) innen aufgegriffen und ermöglichte deshalb zwischen innerem Fußboden und Dichtung einen niveaugleichen Übergang. Die ca. 2 cm tiefer liegende Balkonebene konnte mit einem flexibel anpassbaren Gelenkprofil kantenfrei überbrückt werden (siehe Zeichnung). Laut dem ausführenden Fensterbauunternehmen Klaus Pfeil aus Blankenheim-Ripsdorf konnte das Ziel der SBK erreicht werden. „Die neuen Türen sind nun wesentlich dichter als die Vorgängertüren und gleichzeitig wesentlich flacher als die klassische 2 cm hohe Flachschwelle“, erklärt die Geschäftsführerin Sarah Pfeil.

Altenpflegeheim St. Paulus Hildesheim

Das Altenpflegeheim St. Paulus von der Kongregation der Barmherzigen Schwestern vom hl. Vinzenz von Paul in Hildesheim mit seiner historischen Fassade befindet sich in der ehemaligen Dominikanerkirche St. Paulus, die zwischen 1979 und 1981 zu einem Altenpflegeheim umgebaut wurde. In 4 Wohngruppen verteilt gibt es insgesamt 87 Heimplätze. Seit Sommer 2016 bis voraussichtlich Herbst 2018 wird dieses Heim renoviert. Im Rahmen dieser Renovierungsmaßnahme wurden in insgesamt 8 Balkontüren, die als Zugänge zu den Gruppenbalkonen dienen, die rund 2 cm hohen Balkontürschwellen abgebaut und mit einer möglichst niedrigen Magnet-Dichtung ohne störenden Türanschlag für den Bestand, die direkt auf den Fußboden aufgesetzt werden kann, ersetzt. Viele von den älteren Menschen, die einen Rollstuhl benutzen, kommen laut der Heimleitung Christine Ernst nicht über 1 – 2 cm hohe Außentürschwellen: „Oft rollen unsere Heimbewohner mit dem Rad des Rollstuhls dagegen und bleiben dann einfach stehen. Die Anregung bei der Erneuerung der Balkontüren diese gefährliche Stolperfalle und Barriere gleich mit abzubauen kam vom zuständigen Architekten Günter Geile aus Herzberg am Harz. „Wenn wir etwas umbauen, dann wollen wir es so, dass die Bewohner möglichst selbstständig klarkommen. Alles was unsere Heimbewohner noch selber machen können, sollen sie auch selber machen können und nicht grundlos durch Rahmenbedingungen behindert werden“, erklärt die Heimleitung. In Gegensatz zu vielen anderen Bauausführenden legt das Architekturbüro GG-Architekten von Günter Geile großen Wert auf Schwellenfreiheit. „Seit min. 10 Jahren bauen wir in jede neue Altenhilfeeinrichtung, egal ob Betreutes Wohnen, Tagespflege oder Pflegeheime konsequent Nullschwellen in jede Außentüre ein“, erklärt Geile. Doch nicht nur in Altenhilfeeinrichtungen werden Nullschwellen gebraucht. „Der demografische Wandel ist in unserem Landkreis Göttingen längst angekommen. Allein die Grundsätze „ambulant vor stationär“ und „Prävention vor Pflege“ erfordern Nullschwellen auch im ganz normalen Wohnungsbau“, so der Architekt und betont, dass sie deshalb jedem Bauherren Nullschwellen empfehlen. „Derzeit ist unser Büro für den Bau von 52 barrierefreien Sozialwohnungen im Landkreis Göttingen verantwortlich, die alle absolut niveaugleiche Zugänge zu den Balkonen erhalten.“

Schwellenlose Außentüren sind seit über 20 Jahren technisch längst möglich und stellen allein aufgrund von Sturzprävention in jeder Pflegeimmobilie eine qualitative Selbstverständlichkeit dar!

Autorin: Ulrike Jocham, die Frau Nullschwelle

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