Leserbrief zum Zeitungsbericht Stolperfalle im Pflegeheim bzw. Kleeblatt weist Kritik zurück vom 23.08.2017
Von Antonio Florio, Inklusionsaktivist und Vorsitzender des Vereins „Selbstbestimmt Leben im Landkreis Ludwigsburg e.V.“
Die Aussagen von Valerie Müller, der Referentin der Geschäftsführung der Kleeblatt Pflegeheime gGmbH machen sehr deutlich, dass nicht nur die Baubranche, sondern auch die Dienstleister aus der Altenhilfe dringend Weiterbildungen zu den Themen Sturzprävention, Schwellenfreiheit, Barrierefreiheit, Inklusion und Umsetzung der UN-BRK benötigen!
Weiterhin steht im Runderlass vom 16.12.14 von der obersten Baurechtsbehörde BW, den Frau Ulrike Jocham und ich bei unserem Besuch in der neuen Altenhilfeeinrichtung in Erligheim der Kleeblatt Pflegeheime gGmbh und der Paulus Wohnbau in schriftlicher Form übergeben haben, dass auch vor der Einführung der DIN 18040hier in BW 2 cm hohe Schwellen nicht zulässig waren. „Zusätzlich hat schon die alte LBO BW zwischenGebäuden nach § 35 und § 39 unterschieden, „Altenheime“ sowie „Altenwohnungen“ waren schon damalsGebäude nach § 39 LBO. Somit gehörten bereits 2014 die Terrassen und Balkone in Pflegeheimen und in Seniorenwohnungen ebenfalls zur Barrierefreiheit nach LBO, nicht nur die Zugangstüren für dieHaupterschließung wie von Frau Müller fälschlicherweise behauptet“, weiß Ulrike Jocham. Außerdem lässt dieganze Argumentation von Kleeblatt nach dem Qualitätsstreben der gGmbH fragen. Dass Nullschwellen längst möglich sind zeigt die Konkurrenz längst. Laut den, im Literaturverzeichnis aufgeführten, Berichten macht z.B. das Espachstift aus Kaufbeuren bereits seit 2001 den sturzpräventiven Qualtitätsstandard bei Außentüren möglich und BeneVit aus dem baden-württembergischen Mössingen bereits seit 2007. (Jocham, Ulrike 2013:16 und Jocham, Ulrike 2016: 54) In diesen in der Fachpresse der Altenhilfe erschienenen und im Internet frei zugänglichen Veröffentlichungen ist deutlich zu lesen, dass der Geschäftsführer des Espachstifts Markus Poppler in der Pflege alles andere als 0 cm als Schwachsinn ansieht, und dass die Geschäftsführung von BeneVit persönlich die bis zu 2 cm hohen Türschwellen im Rollstuhl ausprobiert und als nicht passierbar erlebt haben und unter anderem deshalb den Nullschwellen-Standard seit vielen Jahren schon konsequent umsetzen.
Im Artikel „Kleeblatt weist Kritik zurück“ führt der Geschäftsführer der Paulus Wohnbau, Erwin Paulus, folgendes an : „Abgesehen davon kenne er (Erwin Paulus) Rollstuhlfahrer persönlich, die keine Probleme mit Türschwellen von 2 cm Höhe hätten. Auch wer einen Rollator zum Gehen benötige, komme damit klar.“ Diese Aussage istschlichtweg falsch! Zwei Zentimeter stellen für Rollstuhlfahrer und Menschen die Rollatoren verwenden oftmals ein unüberbrückbares Hindernis dar – ich weiß das, als Rollstuhlfahrer, aus eigener Erfahrung. Zudem gibt es auch viele sturzgefährdete Menschen in Pflegeheimen oder ähnlichen Einrichtungen, die nicht auf die Hilfsmittel Rollstuhl oder Rollator angewiesen sind. Der Arbeitsschutz definiert bereits 4 mm Höhenunterschiede im Boden als Stolperstelle (ASTA 2013: 3). Die Sichtweise von Herrn Paulus ist deshalb inakzeptabel und die bestehenden Barrieren werden offensichtlich von ihm nicht wahrgenommen beziehungsweise nicht als solche anerkannt. Herr Paulus sagt Schwellenlosigkeit sei wünschenswert, ich sage: Schwellenlosigkeit ist ein Muss!
Antonio Florio
Inklusionsaktivist im Landkreis Ludwigsburg ******************************************
Selbstbestimmt Leben im Landkreis Ludwigsburg e.V. Vorsitzende
Literaturverzeichnis:
ASTA, Ausschuss für Arbeitsstätten. Technische Regeln für Arbeitsstätten: ASR A1.5/1,2: Fußböden. Ausgabe: Februar 2013. direkter Link: http://www.baua.de/de/Themen-von-A-Z/Arbeitsstaetten/ASR/pdf/ASR-A1-5-1-2.pdf?__blob=publicationFile&v=5 (Datum des letzten Zugriffs: 24.08.17)
Jocham, Ulrike im Seniorenheim-Magazin 02/2016: Schwellenfreie Türen in der Altenhilfe, Eiers Media, München: Ausgabe 02/2016 direkter Link: http://www.inklusiv-wohnen.de/files/1Beitrag_Frau_Jocham.pdf
(Datum des letzten Zugriffs: 24.08.17)
Jocham, Ulrike in CAREkonkret vom 14.6.2013: Sichere Raumgestaltung für alle, Vincentz Network, Hannover: Ausgabe 24 direkter Link: http://www.inklusiv-wohnen.de/files/BeneVit_ALUMAT.pdf
(Datum des letzten Zugriffs: 24.08.17)