Nur bestimmte Schwellen werden noch wirklich gebraucht!

Insel Sylt und inklusiver Tourismus

Insel Sylt und inklusiver Tourismus

Wie Inklusion auf der Insel Sylt Ferienimmobilien verbessert und innovative Technik neue Perspektiven eröffnet – ein Artikel von Ulrike Jocham, Frau Nullschwelle®, erschienen in der Fachzeitschrift MENSCHEN, Ausgabe 3-4/2022.

Diesen gibt es als pdf-Download aus der Fachzeitschrift MENSCHEN (gekürzte Fassung) und hier im Anschluss in diesem Blogbeitrag (Langfassung) von Frau Nullschwelle®.

Zusätzlich gibt es mit Schwerpunkt Fenster- und Türenbau noch einen weiteren Fachartikel „Ein  norddeutsches Leuchtturmprojekt“ über die barrierefreien und inklusiven Nullschwellen in der Ferienimmobilie Bastian26 auf Sylt, der in der Fachzeitschrift GLASWELT erschienen ist.

Insel Sylt und inklusive Tourismus von Ulrike Jocham, Frau NullschwelleInsel Sylt und inklusiver Tourismus

Wie Inklusion auf der Insel Sylt Ferienimmobilien verbessert und innovative Technik neue Perspektiven eröffnet

Sandstrand, zumindest gefühlt, ohne Ende. Auf ca. 40 Kilometern Länge gibt es allein an der Westküste auf der norddeutschen Insel Sylt ununterbrochen herrlichen Sand und Meer. Malerische Stranddünen-Panoramen, traumhafte Sonnenuntergänge und zahlreiche weitere Naturschauspiele sowie verträumte Örtchen mit Charme versprühenden Reetdachhäusern und eine gesunde Luft zum Atmen ziehen viele Urlauber an. 2021 wurden laut Statista aus Hamburg insgesamt 4.142.974 Übernachtungen gebucht und 554.265 Ankünfte gezählt. Bei dieser Beliebtheit sind in Zeiten von Inklusion und demografischem Wandel neue interdisziplinäre Lösungen bei den Hotel- und Gastgewerbeimmobilien sowie bei den zahlreichen Freizeitangeboten im öffentlichen Raum gefragt. Auf der Nordsee-Insel gibt es Beispiele, die Mut machen.

Insel Sylt und inklusiver Tourismus, Bastian 26 mit Nullschwellen an allen Außentüren

Bastian 26, die innovative Ferienimmobilie bietet allen Mieterinnen und Mietern an allen Außentüren barrierefreie und inklusive Nullschwellen. Foto: Ulrike Jocham, Frau Nullschwelle®

Der Bastian 26

Im Sylter Hauptort Westerland, steht das Objekt „Bastian 26“ mit einer Dauerwohnung und zwei Ferienwohnungen, eine davon barrierearm. „Bastian 26 ist das nachhaltigste Haus auf der Ferieninsel Sylt ohne konventionelle Heizung“, erklärt der Bauherr Udo Kotzke. Statt Stein auf Stein zu bauen, hat der visionäre Bauherr ein Vollholzhaus aus Mondholz errichten lassen, dessen Holz durch die Ernte bei abnehmendem Mond besonders haltbar und widerstandfähig ist. Mit dem massiven Wandaufbau mit Verbindungen aus Holzdübeln ohne Leim, giftige Chemie oder Holzschutzmitteln wird ein neuer Standard für gesundes Wohnen erreicht. Hinter diesem neuartigen Gebäude steckt ein interdisziplinäres Team aus den Professionen Inklusion, Architektur, Handwerk, Feng-Shui, Geomantie, Baubiologie und effiziente Gebäudetechnik, das eine ganz besondere Wohlfühlatmosphäre geschaffen hat. Für die verantwortliche Architektin Birte Welling-Volquardsen aus Sylt ist Interdisziplinarität das Zauberwort der Zukunft. „Eine Innovation wie Bastian 26 erfordert Wissen aus mehreren Professionen“, so Welling-Volquardsen. Der Bauherr Udo Kotzke, der u.a. als 1. Vorsitzender der Lebenshilfe Inseln Amrum Föhr Sylt e.V. tätig ist, hat in der neuartigen multiprofessionellen Zusammenarbeit den Bereich Inklusion vertreten. „Ich habe meine Erfahrungen aus der Behindertenhilfe mit dem Ziel eingebracht, dass viele Menschen mit vielen „Behinderungsbildern“ in den zwei Ferienwohnungen Urlaub machen können“, erklärt Kotzke.

Inklusiver Tourismus geht nur mit inklusiven Nullschwellen. Nullschwellen an Außentüren können alle Menschen mit allen Behinderungsbildern nutzen. Deshalb ermöglichen Nullschwellen umfassende Teilhabe und Inklusion. Türschwellen hingegen egal ob 1 oder 15 cm hoch, können nicht von allen Menschen mit allen Behinderungsbildern genutzt werden. Deshalb grenzen Türschwellen aus und stellen eine exkludierende (ausgrenzende) Architektur dar.

Die Nullschwellen im Bastian 26 halten jeden Sylter Schlagregen draußen. Foto: Ulrike Jocham, Frau Nullschwelle®

Inklusive Nullschwellen trotz höchster Wind- und Schlagregenbelastung

Besonders inklusiv bei Bastian 26 sind die barrierefreien Magnet-Nullschwellen an allen Eingangs- und an allen Terrassen- und Balkontüren. Dies können bis heute die wenigsten Hotels und Ferienwohnungen vorweisen, denn die Fehlannahme, dass ohne Türschwelle Wasser ins Gebäude eindringen kann, hält sich bei vielen erstaunlich hartnäckig. Dieses Märchen müsste nun ein Ende fiinden, denn Bastian 26 steht in der höchsten Wind- und Schlagregenbelastungszone, zu der die Insel Sylt gehört. „An allen barrierefreien Magnet-Nullschwellen ist bis heute kein Tropfen Wasser eingedrungen, sie haben alle Nordseestürme problemlos gemeistert“, berichtet Kotzke. Die verwendeten Magnet-Dichtungen liegen im offenen Türzustand plan im Bodenprofil und werden beim Schließen der Türen von Gegenmagneten, die sich im unteren Türflügel befinden, nach oben gezogen. Dadurch werden hinderliche und sturzgefährdende Türanschlagdichtungen nicht mehr benötigt.

Inklusiver Tourismus geht nur mit inklusiven Nullschwellen an Außentüren. Jede Nullschwellen-Tür ermöglicht umfassende Teilhabe und Inklusion, jede Türschwelle grenzt viele Menschen mit Behinderung und ältere Menschen aus und verhindert folglich Inklusion.

Inklusiver Tourismus geht nur mit inklusiven Nullschwellen auch an Hauseingangs- und an Terrassen- und Balkontüren. Nullschwellen an Türen kann jeder nutzen, Türschwellen hingegen nicht. Foto: Ulrike Jocham, Frau Nullschwelle®

Von allen nutzbar

Die Nullschwellen im Bastian 26 zeigen als tatsächlich inklusive Konstruktionsdetails, dass eine neue Gestaltungshaltung in der Architektur nach dem geforderten Universal Design der UN-Behindertenrechtskonvention (UN-BRK) an bedeutenden Stellen möglich ist. Diese Nullschwellen können von allen Menschen mit allen „Behinderungsarten“ genutzt werden. Egal mit welchem Bedarf nach Barrierefreiheit, u.a. wegen Gangunsicherheiten, Fußheberschwächen, Rollstuhl-, Rollator- oder Gehhilfenutzung, jeder kann diesen barrierefreien Übergang zwischen innen und außen an Eingängen und Freisitzen bei entsprechend breiten Türen und leicht bedienbaren Türflügeln nutzen – selbst Menschen mit Vollerblindung oder Sehbehinderung. Aus dem Bereich der Barrierefreiheit im öffentlichen Straßenraum ist bekannt, dass diese Zielgruppe Taktik erfahrbare Höhenunterschiede, z.B. vor dem Beginn einer Straße, benötigt, um Lebensgefahren zu vermeiden. Doch manche übertragen diesen Bedarf ungeprüft auf den räumlichen Kontext in Fassaden. Für die räumliche Orientierung an Eingangs- und an Terrassen- und Balkontüren kann jedoch auf andere taktile Rauminformationen, wie z.B. Türrahmen oder verschiedene Bodenbeläge, zurückgegriffen werden. Zusätzlich gibt es an Außentüren nicht die gleichen Gefahren wie im öffentlichen Straßenraum. Auf dem Freisitz fährt in der Regel kein Zug, kein LKW und auch kein Auto vorbei. (mehr dazu unter: https://www.die-frau-nullschwelle.de/menschen-mit-sehbehinderung-und-nullschwellen/ )

Inklusiver Tourismus nur mit inklusiven Nullschwellen an Eingangs- und an Terrassen- und Balkontüren.

Nullschwellen an Eingangs- und an Freisitztüren sind ergonomischer als Türschwellen – kein Fuß und kein Rad braucht eine Türschwelle. Foto: Ulrike Jocham, Frau Nullschwelle®

Bessere Ergonomie für alle

Die Nullschwelle an Außentüren ist nicht nur für  Menschen mit den unterschiedlichsten Behinderungen nutzbar, sie verbessert die ergonomische Nutzbarkeit von Architektur generationenübergreifend. 65Plusler zählen zu der Hochrisikozielgruppe in Bezug auf Sturzgefahr. Bei den bis heute immer noch sehr weit verbreiteten 1 – 2 cm oder gar 5 – 10 cm hohen Türschwellen können insbesondere ältere Menschen leicht mit den Füßen hängenbleiben und zu Sturz kommen. Stürze ziehen häufig schwerwiegende gesundheitliche Folgen nach sich. Das ist bei den sturzpräventiven Nullschwellen im Bastian 26 nicht der Fall. Und selbst für Kinder und ihre Eltern bieten diese türschwellenlose Übergänge spürbare Vorteile. „Meine Eltern haben vor Kurzem die Erdgeschosswohnung im Bastian 26 gemietet. Als ich sie mit meinen Kindern dort besuchte und wir zusammen auf der Terrasse saßen, habe ich die barrierefreien Nullschwellen und das Weglassen der sonst üblichen Türschwellen als eine spürbare Erleichterung wahrgenommen. Meine Kinder sind herumgesprungen und sehr häufig über die schwellenlosen Übergänge gelaufen. Dabei war ich einfach viel sorgenfreier als sonst. Keiner musste ständig zu meinen Kindern sagen: Passt auf die Türschwellen auf“, berichtet Boris Gugel, der Front Office Manager der zuständigen Vermietungsagentur Bals. „Überflüssiges Wegzulassen ist eine Wohltat für die Seele – weniger ist mehr“, erklärt Udo Kotzke.

Inklusiver Tourismus_bodentiefe Fenster und Glasbrüstungen bieten Ausblicke für alle

Bodentiefe Fenster und Glasbrüstungen ermöglichen barrierefreie und inklusive Ausblicke nach draußen für alle Menschen, egal ob groß oder klein, sitzend, liegend oder stehend. Foto: Ulrike Jocham, Frau Nullschwelle®

Inklusion und Ästhetik

Der Bauherr Kotzke und die Architektin Welling-Volquardsen haben beide das gleiche Ziel. Sie wollen ökologisch nachhaltig Bauen und es muss schön sein. Diese Gestaltungshaltung wird neben den Nullschwellen auch an den bodentiefen Fenstertüren und den puristisch ansprechenden Glasbrüstungen auf den Balkonen, die ästhetische Klarheit ausstrahlen und gleichzeitig einen hindernisfreien Ausblick für alle Menschen mit und ohne Behinderung bieten (egal ob groß oder klein, sitzend oder stehend) deutlich. Sobald die Einblicke von draußen durch die bodentiefen Fenstertüren unerwünscht sind, können Jalousien diese individuell angepasst versperren.

Die barrierearme Ferienwohnung im Objekt Bastian26 mit den barrierefreien und inklusiven Nullschwellen an der Eingangstür sowie am Übergang auf die Terrasse. Foto: Ulrike Jocham, Frau Nullschwelle®

Die barrierearme Ferienwohnung

Die Erdgeschosswohnung im Bastian 26 bietet Barrierearmut und ist ca. 110 Quadratmeter groß. Es gibt insgesamt zwei Doppelschlafzimmer, zwei Bäder und einen großzügigen Koch-, Ess- und Wohnbereich. Eines der beiden Schlafzimmer ist größer als das andere. In einem der beiden Bäder gibt es u.a. eine großzügige bodengleiche Dusche und eine finnische Sauna, die Platz für einem Rollstuhl ermöglicht, sowie eine Toilette, die in einer Breite von 73 cm seitlich angefahren werden kann (plus Stützklappgriff sowie Wandhaltegriff). „Die Angebote auf Sylt mit Ferienwohnungen, die auch von vielen Rollstuhlnutzern genutzt werden können, sind ausgesprochen rar und oftmals sehr, sehr hochpreisig. Die barrierearme Wohnung im Bastian 26 ist somit eine tolle Erweiterung für diesen Bedarf“, erklärt Moritz Bals von der zuständigen Appartement-Vermietung Bals. Das Unternehmen Bals in Westerland ist für die Vermietung dieser Ferienwohnung zuständig und steht zur Klärung individueller Fragen gerne zur Verfügung.

Appartement-Vermietung Bals GmbH & Co. KG, Telefon: 04651-9954710, vermietung@bals-sylt.de, https://bals-sylt.de/properties/bastianstrasse-26-meer/

Bastian 26 – mehr Infos: https://bastian26.de

Weitere Ferienwohnungen

Direkt neben dem Bastian 26 steht ein Gebäude von der Lebenshilfe Sylt, in welchem sich ebenfalls eine Ferienwohnung mit 97 Quadratmetern befindet. Dieses Mietangebot richtet sich insbesondere an Gäste mit Behinderung. Die Hauseingangstür, die zu dieser Ferienwohnung führt, ist

Lebenshilfe Inseln Amrum/Föhr/Sylt e.V., Telefon: 04651-58 10, info@lebenshilfe-sylt.de, https://www.insel-sylt.de/accommodation/53861/

Zahlreiche weitere Ferienunterkünfte können in der Sylter Broschüre „Urlaub mit Handcap“ eingesehen werden: https://www.sylt.de/fileadmin/Mediendatenbank_Sylt/PDF/Prospektbestellung/smg-urlaub-mit-handicap.pdf

Inklusiver Tourismus, Inklusion an Sandstränden

Ein Urlaub auf Sylt ohne am Stand zu laufen – für viele unvorstellbar?!

Sylter Strände für alle

In Westerland selbst sind mehrere Standzugänge mit unterschiedlichen Steigungen (evtl. Assistenz notwendig) vorhanden, die stufenlos erreichbar sind. Beim Hotel Miramar gibt es z.B. einen Strandabschnitt mit einem Rettungsschwimmerstand, an dem ein Wasserrollstuhl ausgeliehen werden kann. Auch in vielen anderen Orten der Insel ist eine stufenlose Zugänglichkeit zu den Stränden möglich.

Ein Fortschrittt für Teilhabe und Inklusion am Sylter Standleben – Insel Sylt und inklusiver Tourismus, Inklusion an Sandständen mit dem „cadWeazle“. Foto: Ulrike Jocham, Frau Nullschwelle®

Fahren auf Sand

Die Gemeinde Wenningstedt-Braderup lässt für viele Menschen mit körperlichen Behinderungen, eine noch nie dagewesene selbstbestimmte Teilhabemöglichkeit am Sylter Strandleben Realität werden. Auf Initiative der Gemeinde und dem Tourismus-Service konnten Spenden für fünf „cadWeazle“ gesammelt werden. Das sind elektrische Rollstühle, die auf Sand fahren und starke Steigungen sicher bewältigen können. Der Tourismus-Service Wenningstedt-Braderup verleiht einen „cadWeazles“ für 10 Euro pro Tag mit einer Kaution von 100 Euro plus Vorlage eines Behindertenausweises (aG oder G). Das Mindestalter beträgt 18 Jahre oder in Begleitung eines Erziehungsberechtigten. Mittlerweile können auch in der Gemeinde Hörnum diese elektrischen Strandrollstühle ausgeliehen werden.

Inklusive Ausblicke für Sylt und überall

Zahlreiche natürliche Sehenswürdigkeiten, wie z.B. die Strände und die Wasserkanten auf dem Sylter Ellenbogen, können aktuell sehr viele Menschen mit körperlichen Behinderungen noch nicht erreichen. Doch auch hier gibt es bereits technische Potentiale. Das Unternehmen Hoss Mobility im österreichischen Waldhausen hat in Kooperation mit behindert-barrierefrei.de einen kleinen, schnittigen elektrischen Rollstuhl auf nur einer Achse entwickelt, der sich z.B. windig am Platz um die eigene Achse drehen und im natürlichen Gelände auf Sand und holprigen Wegen fahren lassen kann. Mit diesem elektrischen Rollstuhl wird nicht nur der nördlichste Punkt Sylts und ganz Deutschlands für immer mehr Menschen zugänglich. „Die Nachfrage nach dem Hoss-Rollstuhl ist riesig, aktuell kommen wir mit den Bestellungen nicht mehr hinterher“, berichtet Oliver Fleiner, der erste Vorsitzende von behindert-barrierefrei.de aus dem süddeutschen Kirchheim Teck. Für die Steuerung sei nur die Mobilität von einer Hand erforderlich. Die Technik wird kontinuierlich verbessert, sodass immer mehr Menschen diesen Rollstuhl nutzen können. Mit den kleinen Maßen (670 mm breit, 750 mm lang und 900 mm hoch) dieses Rollstuhls wird der Platzbedarf auch in Wohnungen für Menschen mit Behinderungen kleiner. Je mehr Menschen diesen Rollstuhl erhalten können, umso mehr reichen Wohnungen mit kleineren Bewegungsflächen von ca. 120/120 cm aus. Bei einer Zweizimmerwohnung sind das ca. 6 – 8 Quadratmeter weniger Platzbedarf als bei Bewegungsflächen mit ca. 150/150 cm. Bei den Immobilienpreisen auf Sylt wäre das bei Wohnungen ein Einsparpotential von ca. 89.600 Euro. Die Anschaffungskosten für den Hoss liegen bei ca. 24.000 Euro und die Mobilität geht über die Wohnung weit hinaus.

Insel Sylt und inklusiver Tourismus – Text von : Ulrike Jocham, Frau Nullschwelle®

Händler für den Hoss-Rollstuhl:

https://www.hoss-mobility.com

https://www.myfrankie.de

https://www.motionwheels.ch/hoss-rollstuhl.html

Insel Sylt und inklusiver Tourismus – Wichtiger Textkasten!!!!

Achtung Normen-wirr-warr- Beschreibungen von barrierefreien Wohnungen extrem schwierig!

Insbesondere auf der Insel Sylt, bei der laut ImmoScout24 die Immobilienpreise bei durchschnittlich ca. 12.800 Euro pro Quadratmeter liegen und sogar bis zu ca. 32.000 Euro gehen können, wird mehr als deutlich, dass es an einer klaren und leicht verständlichen Richtlinie für barrierefreies Wohnen fehlt. Die deutsche DIN-Norm für barrierefreies Bauen führt zu Unklarheit und Missverständnissen. Sie beschreibt einen Basisstandard und einen R-Standard für die Rollstuhlnutzung. Der Basisstandard erlaubt Barrieren (z.B. neben der Toilette im Abstand von 20 cm auf der einen Seite eine Wand und auf der anderen ein Waschbecken), die viele Menschen mit Behinderung von der Wohnungsnutzung komplett ausgrenzen. Doch gerade diese Stelle könnte so einfach im Universal Design gelöst werden mit einer seitlichen Anfahrbarkeit auf einer bodengleichen Dusche (Doppelnutzung). Der R-Standard in der Norm hingegen ist so hoch, dass viele Anbieter von Ferienwohnung diese kaum erfüllen können. Weiterhin wurde eine bedeutende Nullschwellen-Stellungnahme vom Deutschen Institut für Normung aus dem Jahr 2013 (durch BEHINDERTE MENSCHEN, Ausgabe 3-4/2013 veröffentlicht), die endlich zu einer längst notwendigen Klärung im Bereich von barrierefreien Außentürschwellen geführt hat, von Schlüsselmultiplikatoren viel zu wenig bekannt gemacht. Seitdem ist klar, dass nach DIN barrierefreie Nullschwellen auch an Außentüren (sogar im Basisstandard) gefordert sind und keine Wohnungen, die 1 – 2 cm hohe Türschwellen enthält, als barrierefrei beschrieben werden darf. Doch die wenigsten wissen dies, obwohl sogar die Landesbauordnung von Schleswig-Holstein auch an den Freisitztüren von barrierefreien Wohnungen Nullschwellen fordert. Die Missverständnisse auf allen Seiten sind so vorprogrammiert.

Text von Ulrike Jocham, Frau Nullschwelle®

Insel Sylt und inklusiver Tourismus, Artikel aus der Fachzeitschrift MENSCHEN als pdf zum Download: Insel Sylt und inklusiver Tourismus von Ulrike Jocham Frau Nullschwelle-zeitschrift-menschen-3-4-22-psychomotorik

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