Nur bestimmte Schwellen werden noch wirklich gebraucht!

Barrierefreie Wohnungen und die 16 Landesbauordnungen

Auf dieser Zeichnung ist eine Terrassentür zu sehen, die im offenen Zustand halb zugemauert ist, um die Wirkung von 1 -2 cm oder 5 - 15 cm hohen Türschwellen darzustellen. Egal ob kleine oder große Türschwellen, es gibt immer mehr Menschen, die kommen nicht darüber. Türschwellen auch schon ab 1 cm Schwellenhöhe können die Wirkung einer Mauer haben, sie sind für einige Menschen unpassierbar. Weiterhin stellen sie für alle Menschen eine Sturzgefahr dar und insbesondere für ältere Menschen und Kinder. Deshalb werden dringend überall Nullschwellen benötigt. Ulrike Jocham, die Frau Nullschwelle

Nach den meisten Landesbauordnungen werden in den barrierefreien Wohnungen die Terrassen und Balkone von der Barrierefreiheit ausgenommen. Für viele Menschen bedeutet dies, dass sie zwar für den Freisitz bezahlen müssen, diesen aber nicht nutzen können. Zeichnung: Ulrike Jocham, die Frau Nullschwelle

Barrierefreie Wohnungen nach den Landesbauordnungen (LBOs) der 16 Bundesländer in Deutschland verdienen in der Regel nicht die Bezeichnung „barrierefrei“. Allein die Balkone und Terrassen sind selbst in diesen Wohnungen nach der Musterbauordnung (MBO) und nach den meisten LBOs von der „barrierefreien“ Zugänglichkeit und Nutzbarkeit ausgenommen. Lediglich Mecklenburg-Vorpommern hat zumindest die „barrierefreie“ Zugänglichkeit für Rollstuhlnutzer explizit formuliert und Brandenburg sowie Sachsen-Anhalt fordern immerhin allgemein für die ganzen Wohnungen „Barrierefreiheit“. Niedersachsen verlangt für die „barrierefreien“ Wohnungen die Zugänglichkeit und Nutzbarkeit „für Menschen mit Behinderungen in der allgemein üblichen Weise, ohne besondere Erschwernis und grundsätzlich ohne fremde Hilfe.“ Also müssen auch die Freisitze barrierefrei zugänglich und nutzbar sein! Wird das auch so praktiziert? Für die weiteren sog. „rollstuhlgerechten“ (besser mit dem Rollstuhl nutzbar) Wohnungen werden die Terrassen und Balkone schon wieder ausgenommen: „In jeder achten Wohnung eines Gebäudes müssen die Wohn- und Schlafräume, ein Toilettenraum, ein Raum mit einer Badewanne oder Dusche und die Küche oder Kochnische zusätzlich rollstuhlgerecht sein.“

Landesbauordnung Baden-Württemberg:
§ 35 Wohnungen
(1) In Wohngebäuden mit mehr als zwei Wohnungen müssen die Wohnungen eines Geschosses barrierefrei erreichbar sein. In diesen Wohnungen müssen die Wohn- und Schlafräume, eine Toilette, ein Bad und die Küche oder Kochnische barrierefrei nutzbar und mit dem Rollstuhl zugänglich sein. Die Sätze 1 und 2 gelten nicht, soweit die Anforderungen insbesondere wegen schwieriger Geländeverhältnisse, wegen des Einbaus eines sonst nicht erforderlichen Aufzugs oder wegen ungünstiger vorhandener Bebauung nur mit unverhältnismäßigem Mehraufwand erfüllt werden können

Musterbauordnung:
§ 50 Barrierefreies Bauen
(1) In Gebäuden mit mehr als zwei Wohnungen müssen die Wohnungen eines Geschosses barrierefrei erreichbar sein; diese Verpflichtung kann auch durch barrierefrei erreichbare Wohnungen in mehreren Geschossen erfüllt werden. In diesen Wohnungen müssen die Wohn- und Schlafräume, eine Toilette, ein Bad sowie die Küche oder die Kochnische barrierefrei sein. § 39 Abs. 4 bleibt unberührt.

Bayerische Bauordnung:
Art. 48 Barrierefreies Bauen
(1) In Gebäuden mit mehr als zwei Wohnungen müssen die Wohnungen eines Geschosses barrierefrei erreichbar sein; diese Verpflichtung kann auch durch barrierefrei erreichbare Wohnungen in mehreren Geschossen erfüllt werden. In Gebäuden mit mehr als zwei Wohnungen und mit nach Art. 37 Abs. 4 Satz 1 erforderlichen Aufzügen muss ein Drittel der Wohnungen barrierefrei erreichbar sein. In den Wohnungen nach den Sätzen 1 und 2 müssen die Wohn- und Schlafräume, eine Toilette, ein Bad, die Küche oder Kochnische sowie der Raum mit Anschlussmöglichkeit für eine Waschmaschine barrierefrei sein.

Bauordnung Berlin:
51 Barrierefreies Bauen
(1) In Gebäuden mit mehr als vier Wohnungen müssen die Wohnungen eines Geschosses über den üblichen Hauptzugang barrierefrei erreichbar sein. In diesen Wohnungen müssen die Wohn- und Schlafräume, eine Toilette, ein Bad sowie die Küche oder die Kochnische mit dem Rollstuhl zugänglich sein. § 39 Abs. 4 bleibt unberührt.

Brandenburgische Bauordnung:
§ 45 Barrierefreies Bauen
(1) In Wohngebäuden mit mehr als vier Wohnungen müssen die Wohnungen eines Geschosses barrierefrei sein. In Gebäuden mit Aufzügen und mit mehr als vier Wohnungen müssen die Wohnungen eines Geschosses barrierefrei sein.

Breminsche Bauordnung:
§ 50 Barrierefreies Landesbauordnung
(1) In Gebäuden mit mehr als zwei Wohnungen müssen die Wohnungen eines Geschosses barrierefrei erreichbar sein. In diesen und in den nach § 39 Abs. 4 barrierefrei erreichbaren Wohnungen müssen die Wohn- und Schlafräume, eine Toilette, ein Bad und die Küche oder Kochnische mit dem Rollstuhl zugänglich und nutzbar sein. § 39 Abs. 4 bleibt unberührt.

Hamburgische Bauordnung:
§ 52 Barrierefreies Bauen
(1) In Gebäuden mit mehr als vier Wohnungen müssen die Wohnungen eines Geschosses barrierefrei erreichbar sein.
 In diesen Wohnungen müssen die Wohn- und Schlafräume, eine Toilette, ein Bad sowie die Küche oder der Kochplatz mit dem Rollstuhl zugänglich sein. § 37 Absatz 4 bleibt unberührt.
 Die Sätze 1 und 2 gelten nicht, soweit Anforderungen wegen schwieriger Geländeverhältnisse, wegen des Einbaus eines sonst nicht erforderlichen Aufzugs oder wegen ungünstiger vorhandener Bebauung nur mit einem unverhältnismäßigen Mehraufwand erfüllt werden können.

Hessische Bauordnung:
§ 43 Wohnungen
(1) Wohnungen in Gebäuden, die nicht nur dem Wohnen dienen, müssen einen besonderen Zugang haben.
(2) In Gebäuden mit mehr als zwei Wohnungen müssen die Wohnungen eines Geschosses barrierefrei erreichbar sein. In diesen Wohnungen müssen die Wohn- und Schlafräume, eine Toilette, ein Bad und die Küche oder Kochnische mit dem Rollstuhl zugänglich sein. Satz 1 und 2 gelten nicht, soweit die Anforderungen wegen schwieriger Geländeverhältnisse, wegen des Einbaus eines sonst nicht erforderlichen Aufzugs oder wegen ungünstiger vorhandener Bebauung nur mit unverhältnismäßigem Mehraufwand erfüllt werden können.

Landesbauordnung Mecklenburg-Vorpommern:
§ 50 Barrierefreies Bauen
(1) In Wohngebäuden mit mehr als sechs Wohnungen müssen die Wohnungen eines Geschosses barrierefrei erreichbar sein. In diesen Wohnungen müssen die Wohn- und Schlafräume, eine Toilette, ein Bad, die Küche oder die Kochnische und, soweit vorhanden, der Freisitz mit dem Rollstuhl zugänglich sein. § 39 Abs. 4 bleibt unberührt.

Niedersächsische Bauordnung:
§ 49 Barrierefreie Zugänglichkeit und Benutzbarkeit baulicher Anlagen
(1) In Gebäuden mit mehr als vier Wohnungen müssen die Wohnungen eines Geschosses für Menschen mit Behinderungen in der allgemein üblichen Weise, ohne besondere Erschwernis und grundsätzlich ohne fremde Hilfe zugänglich und nutzbar (barrierefrei) sein. Abstellraum für Rollstühle muss in ausreichender Größe zur Verfügung stehen und barrierefrei sein. In jeder achten Wohnung eines Gebäudes müssen die Wohn- und Schlafräume, ein Toilettenraum, ein Raum mit einer Badewanne oder Dusche und die Küche oder Kochnische zusätzlich rollstuhlgerecht sein.

Landesbauordnung Nordrhein-Westfalen:
§ 49 Wohnungen
(2) In Gebäuden mit mehr als zwei Wohnungen müssen die Wohnungen eines Geschosses barrierefrei erreichbar sein. In diesen Wohnungen müssen die Wohn- und Schlafräume, eine Toilette, ein Bad und die Küche oder Kochnische mit dem Rollstuhl zugänglich sein. Abweichungen von den Sätzen 1 und 2 sind zuzulassen, soweit die Anforderungen nur mit unverhältnismäßig Mehraufwand erfüllt werden können, insbesondere wegen schwieriger Geländeverhältnisse, ungünstiger vorhandener Bebauung oder weil sie den Einbau eines sonst nicht notwendigen Aufzugs erfordern.

Landesbauordnung Rheinland-Pfalz:
§ 44 Wohnungen
(2) Gebäude mit mehr als vier Wohnungen sind so herzustellen und instand zu halten, dass von den ersten fünf Wohnungen eine und von jeweils zehn weiteren Wohnungen zusätzlich eine Wohnung barrierefrei erreichbar ist. In diesen Wohnungen müssen die Wohn- und Schlafräume, eine Toilette, ein Bad und die Küche oder Kochnische mit dem Rollstuhl zugänglich sein. Die Sätze 1 und 2 gelten nicht, soweit die Anforderungen insbesondere wegen schwieriger Geländeverhältnisse, wegen des Einbaus eines sonst nicht erforderlichen Aufzugs oder wegen ungünstiger vorhandener Bebauung nur mit unverhältnismäßigem Mehraufwand erfüllt werden können.

Bauordnung Saarland:
§ 50 Barrierefreies Bauen
(1) In Gebäuden mit mehr als zwei Wohnungen müssen die Wohnungen eines Geschosses barrierefrei erreichbar sein. Die Räume in diesen Wohnungen müssen mit dem Rollstuhl zugänglich sein. § 39 Abs. 5 bleibt unberührt.

Sächsische Bauordnung:
§ 50 Barrierefreies Bauen
(1) In Gebäuden mit mehr als zwei Wohnungen müssen die Wohnungen eines Geschosses barrierefrei erreichbar sein. In diesen Wohnungen müssen die Wohn- und Schlafräume, eine Toilette, ein Bad sowie die Küche oder die Kochnische mit dem Rollstuhl zugänglich sein. § 39 Abs. 4 bleibt unberührt.

Bauordnung Sachsen-Anhalt:
§ 49 Barrierefreies Bauen
(1) In Gebäuden mit mehr als zwei Wohnungen müssen die Wohnungen eines Geschosses barrierefrei nutzbar und zugänglich sein; diese Verpflichtung kann auch durch die Anordnung barrierefreier Wohnungen in entsprechendem Umfang in mehreren Geschossen erfüllt werden. § 38 Abs. 4 bleibt unberührt.

Landesbauordnung für das Land Schleswig-Holstein:
§ 52 Barrierefreies Bauen
(1) In Gebäuden mit mehr als zwei Wohnungen müssen die Wohnungen eines Geschosses barrierefrei erreichbar sein. In diesen Wohnungen müssen die Wohn- und Schlafräume, eine Toilette, ein Bad sowie die Küche oder die Kochnische mit dem Rollstuhl zugänglich sein. § 40 Abs. 4 bleibt unberührt.

Thüringer Bauordnung:
§ 50 Barrierefreies Bauen
(1) In Gebäuden mit mehr als zwei Wohnungen müssen die Wohnungen mindestens eines Geschosses barrierefrei erreichbar sein; diese Verpflichtung kann auch durch eine entsprechende Zahl barrierefrei erreichbarer Wohnungen in mehreren Geschossen erfüllt werden. In diesen Wohnungen müssen die Wohn- und Schlafräume, eine Toilette, ein Bad, die Küche oder Kochnische sowie die zu diesen Räumen führenden Flure barrierefrei, insbesondere mit dem Rollstuhl zugänglich, sein. § 39 Abs. 4 bleibt unberührt.

6 Comments, RSS

  1. Wir wollen ein Wohnungshaus bauen und es dann vermieten. Es ist gut zu wissen das bei Gebäuden mit mehr als 4 Wohnung die erste Etage und auch das Bad barrierefrei sein muss. Hoffentlich finden wir eine Firma, die uns ein Barrierefreies Bad bauen kann.

  2. Meine Schwester kann sich seit einem Unfall nur noch mit einem Rollstuhl bewegen, weshalb meine Eltern ihr Badezimmer barrierefrei umbauen lassen möchten. Sie wollen, dass sie öfters zu Besuch kommt und dadurch nicht abgeschreckt wird. Ich wusste nicht, dass in der Bauordnung von Berlin steht, dass in Gebäuden bei mehr als vier Wohnungen der Hauptzugang barrierefrei erreichbar sein muss.

  3. Danke für den Beitrag über barrierefreie Wohnungen und Landesbauordnungen. Meine Mutter benötigt mittlerweile eine altersgerechte Wohnung, deshalb suchen wir nach geeigneten Seniorenwohnungen. Ich wusste gar nicht, dass in Wohngebäuden mit mehr als zwei Wohnungen, die Wohnungen eines Geschosses barrierefrei erreichbar sein müssen.

  4. Ich möchte bei meiner Großmutter ein Barrierefreies Bad bauen lassen. Nun wollte ich schauen, was für Verordnungen in meinem Bundesland gelten. Gut zu wissen, dass in Thüringen eh die Wohnungen eines Geschosses barrierefrei sein müssen.

  5. Vielen Dank für den Artikel! Es ist gut zu wissen, dass in Niedersachsen nur jede achte barrierefreie Wohnung auch rollstuhlgerecht ist. Dort wohnt nämlich meine Großmutter, welche wohl in naher Zukunft auf einen Rollstuhl angewiesen sein wird. Leider ist das Bad in ihrer aktuellen Wohnung nicht barrierefrei, sie wird daher umziehen müssen, was wohl schwierig werden wird.

  6. Danke für die Übersicht der Landesbauordnungen. Wir leben in Baden-Württemberg und renovieren das Haus meiner Mutter. Das sollte barrierefrei werden. Wir brauchen also viel Platz für die Küche, sodass sie mit dem Rollstuhl zugänglich ist. Scheint logisch zu sein.

Your email address will not be published. Required fields are marked *

*