Nur bestimmte Schwellen werden noch wirklich gebraucht!

2. Mail an Landesbehindertenbeauftragte – Verschwendung von Steuergeldern für den Bau von Barrieren

2. Mail an Landesbehindertenbeauftragte BW: Den Bau von Stolpergefahren und Barrieren auf den Balkon in neuen Altenwohnungen mit einem laut Badischer Zeitung zinslosen Darlehen von rund 4,4 Mio. Euro zu fördern, passt allein aufgrund der geforderten Sturzprävention nicht zu den Wohnraumbedarfen von älteren Menschen. Hinzu kommt die steigende Wohnungsnot für Senioren und Menschen mit Behinderung. Zusätzlich fordert der § 39 Absatz 1 LBO BW, der Kommentar vom Boorberg Verlag (7. Auflage) und die Liste der technischen Baubestimmungen umfassende Barrierefreiheit in Altenwohnungen. Außerdem fordern die Nullschwellen-Stellungnahme aus 2013 und der Nullschwellen-Runderlass aus 2014 konsequent Nullschwellen als Regelfall. Weshalb hat das Wirtschaftsministerium BW trotzdem den Bau dieser Barrieren in der betreffenden Wohnanlage überhaupt gefördert? Was die Beamtin Kristin Keßler im Oktober 2017 dazu geschrieben hat ist erstaunlich – es fehlen bis heute die Belege dafür. Seit Jahren fordere ich Belege für die Behauptungen und die Umsetzung der Nullschwellen-Stellungnahme und des Nullschwellen-Runderlasses. Es wird höchste Zeit, die vorhandenen Anforderungen umzusetzen und längst ausstehende Belege, die die Behauptungen der Ministerialdirigentin belegen können, vorzulegen. Deshalb habe ich heute nochmals in einer 2. Mail die Landesbehindertenbeauftragte Stephanie Aeffner angeschrieben. Hier meine Mail:

Sehr geehrte Frau Stephanie Aeffner,

vielen Dank für Ihre Stellungnahme vom 03.02.20 auf meine Mail vom 29.01.20. Damit die nun schon sehr lange andauernde Diskussion für alle barrierefrei und transparent nachvollziehbar zugänglich ist, bitte ich Sie, Ihre Mail vom 03.02.20 auf Ihren Internetseiten zu veröffentlichen und mich über den Link darauf zu informieren. Alternativ bin ich gerne bereit Ihre 1. Stellungnahme auf meine Mail vom 29.01.20 auf meinem Blog zu veröffentlichen. Dazu brauchen Sie mir nur kurz schriftlich Bescheid zu geben. Ihre Stellungnahme auf meine Mail von heute können Sie gerne auch direkt in meinem entsprechenden Blogbeitrag in der Kommentarfunktion eingeben.

In der erstaunlichen Diskussion, um die Frage, ob Betreutes Wohnen in BW barrierefrei gebaut werden muss oder nicht, geht es aktuell nicht wie Sie schreiben um Entscheidungen des Landtags oder politische Prozesse, sondern ausschließlich darum, was in der LBO BW, in anerkannten Kommentaren, in den technischen Baubestimmungen, in der Nullschwellen-Stellungnahme sowie im Nullschwellen-Runderlass steht und um Behauptungen von einer Beamtin vom 04.10.17, für die bis heute Belege fehlen. Sie haben in diesem Fall aufgrund der gegebenen Gesetze und Vorschriften sowie meiner bisher schon getätigten fundierten Erläuterungen eine ideale Grundlage, um effektiv als Landesbehindertenbeauftragte für die Interessen von Menschen mit Behinderung und älteren Menschen einzustehen

  1. Mindestens vier schriftliche Quellen aus LBO BW, Kommentar und technische Baubestimmungen widerlegen die Aussagen der Beamtin Kristin Keßler, welche sie am 04.10.17 in einem Schreiben an mich formulierte. Leider hat Keßler keine einzige Quelle aufgeführt, worauf sich ihre weitreichenden Behauptungen berufen möchte. Bis heute konnte mir keiner Quellen nennen, die belegen, dass diese Behauptungen stimmen. Das ist nicht akzeptabel. Bitte nennen Sie Belege, die die Behauptungen belegen oder setzen Sie sich zeitnah für die Umsetzung der von mir aufgeführten Anforderungen aus LBO BW, Kommentar vom Boorberg Verlag und die jeweiligen technischen Baubestimmungen ein. Unter diesem Link gelangen Sie zu meinen ausführlichen Erläuterungen (siehe auch weiterführende Links in diesem Blogbeitrag) der vier bedeutenden Quellen.
  2. Die von mir aufgeführten vier Quellen sind fundiertes und effektives Handwerkszeug für den Einsatz im Interesse von Menschen mit Behinderung und älteren Menschen. Für die Verwendung dieser Quellen sind keine politischen Mehrheiten im parlamentarischen System so wie Sie in Ihrer Mail vom 03.02.20 behaupten erforderlich. Es sind Anforderungen der LBO BW und der technischen Baubestimmungen sowie Erläuterungen aus dem Kommentar vom Boorberg Verlag (7. Auflage), in welchem sogar der Regierungsbaumeister und Referent für Bauordnungsrecht aus dem Wirtschaftsministerium als Mitautor mitgeschrieben hat. Bitte nehmen Sie zu diesen vier Quellen ganz konkret Stellung! Für die Klärung sind persönliche Auslegungen wie z.B. Aussagen, dass Betreutes Wohnen kein geschützter Begriff sei, wie Sie ebenfalls schreiben, nicht zielführend, denn in allen vier Quellen geht es nicht um diese Frage. Bitte nehmen Sie deshalb ausschließlich zu den von mir aufgeführten vier Quellen Stellung, die genaue Kriterien beschreiben. Es geht um diese in der LBO, im anerkannten Kommentaren und in den technischen Baubestimmungen aufgeführten Kriterien, um nichts Anderes.
  3. Ihre Mail erweckt den Eindruck, dass Sie den Kommentar vom Boorberg Verlag zur Landesbauordnung Baden-Württemberg (7. Auflage), nicht zur Hand haben. Die Aussagen, die in diesem Kommentar zum § 39 Absatz 1 stehen, sind auch für Betreutes Wohnen eindeutig. Der Kommentar vom Boorberg Verlag stellt insbesondere für Sie als Landesbehindertenbeauftragte ein wertvolles Handwerkszeug dar, um zielführend Ihre Aufgabe als Landesbehindertenbeauftragte zu erfüllen! Laut Boorberg Verlag ist die 7. Auflage noch kurze Zeit digital verfügbar. Weiterhin gibt es die Möglichkeit, sich die 7. Auflage in Bibliotheken zu besorgen.
  4. Was die Beschlussempfehlungsberichte vom Berichterstatter Epple und Brauer vom Petitionsausschuss im Landtag BW zu den Petitionen 16/2100 und 16/3244 anbelangt, geht es hier ebenfalls nicht um eine Bitte an Sie, die Entscheidungen des Landtags öffentlich zu kommentieren, sondern um die dringende Bitte längst erforderliche Belege für widerlegbare Behauptungen aus diesen Beschlussempfehlungsberichten einzufordern und mir diese zukommen zu lassen.
  5. Korrekturbedarf in Beschlussempfehlungsbeerichten: Bereits 2013 hat der Arbeitsausschuss der DIN 18040 eine bundesweit bedeutende Nullschwellen-Stellungnahme formuliert, die in einem Artikel von mir in der Fachzeitschrift BEHINDERTE MENSCHEN veröffentlicht wurde. Diese bedeutende Quelle mit Datum habe ich mehrmals in der nun schon jahrelang andauernden Diskussion aufgeführt. Wie kann es sein, dass Landtagsabgeordnete diese bedeutende Quelle bei ihren Prüfungen und ihren Berichten ignorieren? Die Nullschwellen-Stellungnahme erklärt deutlich, dass nur niveaugleiche und schwellenlose Außentüren nach der DIN 18040 zulässig sind und den Regelfall darstellen. Alles andere ist ein Ausnahmefall im technisch zu begründenden Einzelfall! Weshalb behaupten und entscheiden zwei Landtagsabgeordnete wortgleich ohne zu belegen: „In Anbetracht der Komplexität des Bauens muss die Möglichkeit einer Schwelle in der Praxis gegeben sein.“ Dies steht im Widerspruch zur Nullschwellen-Stellungnahme und erstaunt umso mehr unter dem Fokus, dass die DIN 18040 als anerkannte Regel der Technik gilt und dass es zusätzlich noch den baden-württembergischen Nullschwellen-Runderlass gibt, den die beiden Landtagsabgeordneten Epple und Brauer ebenfalls ignorieren. Hier geht es nicht um politische Mehrheiten, sondern um Anforderungen der DIN 18040 und um einen landeseigenen Runderlass, von dem selbst die Wirtschaftsministerin Dr. Hoffmeister-Kraut behauptet, dass dieser bereits 2014 „sehr deutlich kommuniziert“ wurde. In diesem Nullschwellen-Runderlass sind noch deutlichere Anforderungen an Nullschwellen zu finden! Bitte sorgen Sie für eine zeitnahe Umsetzung der Nullschwellen-Stellungnahme und des Nullschwellen-Runderlasses sowie eine rasche entsprechende Korrektur in den bis heute veröffentlichten Beschlussempfehlungsberichten. Insbesondere Berichterstatter vom Petitionsausschuss im Landtag BW, die die Aufgabe haben, Sachverhalte zu prüfen (siehe Aufgabenbeschreibungen des Petitionsausschusses auf den Internetseiten des Landtags), müssen Belege aufführen, worauf sie ihre Behauptungen stützen, um glaubhaft zu sein.
  6. Korrekturbedarf in Beschlussempfehlungsbeerichten und fehlende Information seitens des Wirtschaftsministeriums: Der am 16.12.14 vom Verkehrsministerium BW veröffentlichte Nullschwellen-Runderlass (Aktenzeichen 41-2601.3) untermauert nicht nur die bundesweit bedeutende Nullschwellen-Stellungnahme, sondern geht sogar weiter: „Die weit verbreitete Annahme, 2 cm hohe Schwellen wären zulässig, traf schon bisher nicht zu.“ – also auch schon zu Zeiten der DIN 18024 und 18025! So verschärfte Anforderungen und tiefgreifende inklusive Verbesserungen wie die Nullschellen-Stellungnahme aus 2013 und der Nullschwellen-Runderlass aus 2014 hätten spätestens 2014 von der zuständigen Behörde deutlich und unmissverständlich bekannt gemacht werden müssen. Ein umfassender und interdisziplinärer Change-Management-Prozess seitens des verantwortlichen Verkehrsministeriums BW und später des Wirtschaftsministeriums BW hat laut dem immer noch vorhandenem Informationsmangel über Nullschwellen-Stellungnahme und Nullschwellen-Runderlass gefehlt. Meine Erfahrung als interdisziplinäre Bausachverständige für Barrierefreiheit, Universal Design, Inklusion und Nullschwellen, die seither zahlreiche Seminare und Inhouse-Schulungen durchgeführt hat, ist erstaunlich: Allein der baden-württembergische Nullschwellen-Runderlass ist in der Regel viel zu wenig z.B. bei Architekten und Fensterbauern sowie in Behörden von Städten und Gemeinden bekannt. Wo hat die notwendige umfassende Aufklärung über den neuen und in Bauprozesse tief einschneidenden Nullschwellen-Runderlass in BW vom Verkehrs- bzw. vom Wirtschaftsministerium BW stattgefunden? Leider zeigen zahlreich anzutreffende Türschwellen-Einbauten der letzten Jahre diesen Informationsmangel. Eine derart mangelhafte Information über einen bedeutenden neuen Runderlass gefährdet Architekten und Planer grundlos. Meine Kollegen im Fachbereich Architektur sind aktuell leider einer Vielzahl von Vorschriften, DIN-Normen und Richtlinien ausgesetzt. Gerade unter diesem Aspekt muss eine derartig einschneidende Veränderung wie der Nullschwellen-Runderlass im Jahr 2014 dringend so bekannt gemacht werden, dass alle die bei Nichteinhaltung dafür haften müssen, die Chance haben, über diese einschneidende Verschärfung auch informiert zu werden. Immer mehr Architekten, Fensterbauer und Bauherren schätzen meine Aufklärungsarbeit! Hier gibt es Referenzen auch zu meinen Seminaren.

Bitte sorgen Sie zum Schutz von Menschen mit Behinderung und älteren Menschen sowie von bauplanenden und bauausführenden Unternehmen für die Verbreitung und Umsetzung  der Nullschwellen-Stellungnahme und des Nullschwellen-Runderlasses und sorgen Sie für Aufklärung: Weshalb ist der baden-württembergische Nullschwellen-Runderlass mit dem Aktenzeichen 41-2601.3 und die bundesweit einschneidende Nullschwellen-Stellungnahme über Suchmaschinen im Internet bis heute weder auf den Seiten des Wirtschaftsministeriums noch auf den Seiten des Verkehrsministeriums zu finden? Und wer hat rund 4,4 Mio. zinsloses Darlehen laut Badischer Zeitung für Altenwohnungen genehmigt, die für ältere Menschen lebens- und gesundheitsgefährdende Stolpergefahren und Barrieren darstellen, die auf Kosten der Bürger, der Steuerzahler und der Sozialversicherungsbeitragszahler die nächsten Jahrzehnte wieder zurückgebaut werden müssen und/oder die in der Nutzung grundlose Zusatzkosten und Zusatzbelastungen für ältere Menschen, Pflegefachkräfte, pflegende Angehörige und Assistenten erzeugen? Das Wissen aus der Sturzprävention in der Profession Pflege sowie vier Quellen und die Nullschwellen-Stellungnahme sowie der Nullschwellen-Runderlass fordern für den Schutz der älteren Menschen schwellenfreie Zugänge zum Balkon! Wo bleiben Belege dafür, dass die Behauptungen der Beamtin Kristin Keßler vom Oktober 2017 stimmen? Dass z.B. Rückbauten vorherzusehen sind, zeigt dieser Blogbeitrag.

Bitte werden Sie so schnell wie möglich tätig und nehmen Sie fundiert Stellung zu den von mir aufgeführten vier Quellen. Sorgen Sie für deren Umsetzung oder legen Sie genaue und fundierte Quellen vor, die die Behauptungen von der Ministerialdirigentin Keßler belegen.

Wir brauchen bei den aktuell immer größer werdenden Problemen im Zeitalter von demografischem Wandel und Inklusion dringend Lösungen. Bitte setzen Sie sich bei so deutlichen Quellen und Anforderungen für Lösungen ein und werden Sie tätig!

Mit freundlichen Grüßen

Ulrike Jocham, die Frau Nullschwelle

One Comment, RSS

  1. Sybille Kustos

    Erst einmal Gratulation zu Deiner Seite 😉 Ulrike, aber noch vielmehr Dank für Deinen Einsatz. Als Rollifahrerin verstehe ich nur zu gut wovon Du sprichst. Zumal wir gerade auf der Suche nach einer passenden Wohnung sind. Was man dort erlebt ist teilweise grauenhaft. Gestern eine tolle Wohnung besichtigt – NEUBAU !!! – alles supi, nur auf den Balkon würde ich ohne die Hilfe meines Mannes nie kommen, weil der Absatz so blöd und hoch ist, dass es zumindest mein E-Rolli nicht gefahrlos schaffen würde. Da fragste dich echt nur: Geht es noch. Trauriges Spiel manchmal.

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